WZ-Interview: SPD - Reiner Breuer gegen „verfilzte Politik“

Fraktionschef Reiner Breuer will für die SPD 2009 den Bürgermeister-Sitz erobern.

WZ: Herr Breuer, dieMitgliederversammlung der SPD hat Sie einstimmig zum Kandidaten für dieBürgermeisterwahl gekürt. Vor fünf Jahren haben Sie schon einmalInteresse bekundet, dann aber zurückgezogen. Warum jetzt der zweiteVersuch?

Reiner Breuer: Jetzt ist derrichtige Zeitpunkt. Die Zeit ist reif, ich bin bereit. Ich spüre denstarken Rückhalt in der Partei und in der Bevölkerung, das will ichnutzen.

WZ: Im September erhielt dergemeinsame Kandidat von SPD, FDP und Grünen gerade einmal 22 Prozent,Bürgermeister Herbert Napp mehr als dreimal so viel. Kandidieren Sienach dem Motto "Ich habe keine Chance, also nutze ich Sie?"

Breuer: (lacht) Nein. Esgibt eine Chance, und die muss man auch ergreifen. 2004, das war schoneine atypische Situation. Aber ich mag jetzt nicht alte Kamellenaufwärmen. Wie gesagt: Jetzt ist die Chance da.

WZ: Die CDU hat ihren Kandidaten noch nicht gewählt. Rechnen Sie mit Herbert Napp?

Breuer: Mit Herbert Nappmuss man wohl immer rechnen. Aber es ist schon erstaunlich, dass erüber die Medien seinen Hut in den Ring geworfen hat, und aus erCDU-Zentrale kommt Funkstille. Das spricht doch Bände!

WZ: Sie möchten Schluss machen mit "der verfilzten Politik der Eitelkeiten und der Selbstbedienung". Was meinen Sie damit?

Breuer: Ich meine damit,dass wir eine neue politische Kultur in Neuss brauchen. Seit 50Jahrenregiert die CDU in Neuss und will immer wieder an den Bürgern vorbeiselbstherrlich Projekte durchboxen. Das straft sich selbst - wie beider Barbaraschule oder der Stadtwerke-Fusion.

WZ: Und wo ist nun der Filz?

Breuer: Nehmen Sie denVersuch der Stadtwerke-Fusion. Hier muss man doch wohl fragen, wer woin welcher Rolle agiert. Es war jedenfalls der Bürgermeister, der mitStadtwerke-Geschäftsführer Heinz Runde die Fusion angestoßen hat - ohneirgendwelche Beschlüsse. Und Herbert Napp ist Berater bei RWE. Und die,so hat man ja im Nachhinein gehört, wollten in ein fusioniertesUnternehmen einsteigen. Die Rolle von Heinz Runde, der hartnäckig ander Fusion gearbeitet hat, gibt auch zu denken. Er war schließlich alsVorstand eines fusionierten Unternehmens im Gespräch.

WZ: Gibt es noch ein Beispiel?

Breuer: Ja, natürlich, dieRennbahn. Da wird versucht, die millionenschwere Umgestaltung gegenjede Vernunft für die Freunde und Förderer des Rennsportsdurchzusetzen. Man kennt doch die handelnden Personen. Der frühereCDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Koenemann ist Geschäftsführer desNeusser Reiter- und Rennvereins. Und der Leiter der das Projektsteuernden städtischen Wirtschaftsförderung, Andreas Galland, ist jetztVizepräsident dieses Vereins. Da kann man schon ein Geschmäckleempfinden.

WZ: Wird das Schwerpunkt Ihres Wahlkampfes werden? Also eher die Abwahl von Herbert Napp als die Wahl von Reiner Breuer?

Breuer: Nein. Ich als Person stehe zur Wahl - gegen wen auch immer. Ich biete klare persönliche, aber auch inhaltliche Alternativen.

WZ: Sie haben postuliert: "Neuss muss eine Stadt des sozialen Zusammenhalts sein." Sehen Sie da Defizite?

Breuer: Aber natürlich! AuchNeuss ist wie jede größere Stadt Kristallisationspunktgesellschaftlicher Entwicklungen. Es gibt Verwahrlosung, Armut,Obdachlosigkeit. Ich habe den Eindruck, dass das in der Verwaltung garnicht so sauber erfasst wird wie in anderen Kommunen. Aber wenn man mitoffenen Augen durch die Stadt geht, sieht man das.

WZ: Bei der letzten Kommunalwahl lag die Beteiligung bei 50 Prozent. Ist den Menschen egal, wer die Kommunalpolitik bestimmt?

Breuer: Ich glaube schon,dass die Kommunalwahl ernst genommen wird. Wichtig ist, dass derStellenwert der Kommunalpolitik bekannt ist. Ich bin auch sehr dafür,dass 2009 Kommunalwahl und Bundestagswahl gleichzeitig stattfinden. Daserhöht auch den Aufmerksamkeitswert für die Kommunalwahl.

WZ: Es sind noch 18 Monate bis zur Wahl. Wann beginnt der Wahlkampf?

Breuer: Da gibt es keinenZeitpunkt. Wir arbeiten an einer langfristig angelegten Kampagne. Ichwill mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen. Das brauchtZeit.

WZ: Wie teuer darf der Wahlkampf werden?

Breuer: Ich weiß jetzt nicht, wie viel der Wahlkampf kosten wird. Klar ist nur: Er kostet - Zeit.