Ein Baum mit Geschichte
Die mehr als 100 Jahre alte Buche an der Zechenstraße wurde gestern von der Stadt gefällt.
Obersprockhövel. Mein Freund der Baum: Irene Stoltenberg bekam feuchte Augen, als gestern um 9.20Uhr mit einem Ruck die mächtige Buche in der Gabelung Zechenstraße/Kreftingstraße fiel. Vom Campingstuhl vor dem Haus ihrer Nachbarin aus verfolgte die 87-Jährige wehmütig, wie Mitarbeiter des Bauhofs den mehr als 100 Jahre alten Baum, der zuletzt abgestorben und mit seinen morschen Ästen zum Sicherheitsrisiko für Autofahrer und Fußgänger geworden war, fachmännisch umlegten.
"Da hängen doch einige Erinnerung dran", erzählt die Seniorin, die 1941 in die Familie Stoltenberg einheiratete und auf den damaligen Hof Stoltenberg kam. An den Kriegswinter etwa, als sie unter der Buche die Bucheckern zusammengefegt hatte, um sie zur Ölmühle zu fahren und sich etwas dazu zu verdienen, daran dass die Buche früher Treffpunkt der Jugendlichen und markante Landmarke im wunderschönen Obersprockhövel war. "Früher gab es noch eine zweite Buche, eine Art Baumtor", sagt sie. Diesen Baum habe ihr verstorbener Mann einst gefällt, weil er das benachbarte Feld verschattete.
Umso besser entwickelte sich das verbliebene Einzelexemplar - bis häufige Erdarbeiten, dem Baum offenbar zusetzten. "Das fing vor zehn Jahren mit der Wasserleitung an und ging mit der Gasleitung weiter", erinnert sich eine Nachbarin. Ganze Wurzelstücke seien herausgerissen worden.
In den vergangenen Jahren ging es mit der Buche rapide bergab. Pilzbefall zeigte sich, Früchte und Blätter wurden immer kleiner, bis sie ganz verschwanden. Jetzt blickt Irene Stoltenberg auf das hohle Innere des liegenden Stammes und sagt: "Schade, es musste wohl sein."