Meinung Betriebsrenten: Die Politik muss Fehler korrigieren

Meinung · Es gibt Themen, die haben das Potenzial, diese Republik nachhaltig zu erschüttern. Nicht immer lässt sich dieser Sprengstoff auf Anhieb erkennen, deshalb neigt die Politik dann zum Wegschauen oder Aussitzen.

Kommentar Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Der Umgang mit den Betriebsrentnern ist so ein Thema. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Politik hier massenhaft Verträge gebrochen und damit den Nährboden für einen tiefgreifenden Verlust von Vertrauen geschaffen. Beteiligt an diesem miesen Spiel sind rot-grüne, schwarz-gelbe und schwarz-rote Bundesregierungen. Schätzungen zufolge geht es um etwa 15 Millionen Menschen, die unter einem Eingriff in ihre Altersvorsorge zu leiden haben, den sie so nicht erwarten konnten. Längst geht die AfD bei den Älteren auf Stimmenfang. Dass die Rechtspopulisten keine Substanz zu bieten haben, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass sie die Sorgen und Nöte der Betroffenen ernst nehmen.

Rückblende: 2003 gingen die gesetzlichen Krankenkassen am Stock. Überall fehlte es an Geld. SPD-Kanzler Gerhard Schröder und der grüne Koalitionspartner zogen die Reißleine. Brillen wurden aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen, ein Festbetrag für Zahnersatz eingeführt. Der Clou aber war, von allen Betriebsrentnern und Direktversicherten den vollen Beitrag zur Kranken- und Pflegekasse zu verlangen. Bis dahin galt der halbe Beitrag, bei Kapitalauszahlung mussten gar keine Abgaben gezahlt werden. Die Not war so groß, dass Rot-Grün-Schwarz sich nicht scheute, in Altverträge, die vor 2004 abgeschlossen worden waren, einzugreifen. Fast ein Fünftel der Auszahlung im Alter war damit weg. Bis heute sind sogar Verträge betroffen, in die aus dem Nettolohn eingezahlt wird.

Es stimmt: Gegen diese Praxis wurde mehrfach ohne Erfolg geklagt. Was die höchsten Richter dieses Landes rechtlich nicht falsch finden, muss aber politisch noch lange nicht richtig sein. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat das erkannt und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Er weiß die Rentenexperten fast aller Parteien an seiner Seite. Aber Angela Merkel (CDU) ist dagegen. Es kostet drei Milliarden Euro im Jahr, um die Dinge für künftige Auszahlungen fair zu gestalten. Aber das ist der Kanzlerin offenkundig zu viel. Sie verhindert Spahns Gesetz – und die SPD lässt sie gewähren. Das ist der blanke Hohn. Jene werden bestraft, die während des Erwerbslebens über die gesetzliche Rente hinaus etwas für die Altersvorsorge tun. Ist es nicht genau das, was die Politik immer wieder anmahnt? Aber solche Reden taugen nichts, wenn die Politik den Menschen im Ruhestand einen üppigen Teil ihres Geldes wieder nimmt. Noch ist Zeit, diesen Fehler zu korrigieren.