Meinung Anonymisierte Bewerbung - Ein zu läppisches Ende

Christine Lüders war einmal Sprecherin des NRW-Integrationsministers. Der hieß damals Armin Laschet. Heute ist Lüders Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Ein halbes Jahr nach ihrer Amtsübernahme präsentierte die parteilose Pädagogin im August 2010 ihr bis dahin größtes Projekt: die anonymisierte Bewerbung.

Foto: Sergej Lepke

Mit am Start waren fünf Unternehmen und das Bundesfamilienministerium.

Serap Güler war lange integrationspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Deren Vorsitzender hieß bis zum Mai Armin Laschet. Heute ist Güler Staatssekretärin im Integrationsministerium unter dem Ministerpräsidenten Laschet. Sie hält das anonymisierte Bewerbungsverfahren schon seit Jahren für eine „Scheinlösung“ und „Murks“. Jetzt hat sie sich durchgesetzt — zu Recht?

Zumindest ist klar: Das Verfahren, das Hinweise auf Herkunft, Aussehen, gegebenenfalls auch Geschlecht und Alter des Bewerbers ausschließt, beseitigt nicht die Ursachen von Diskriminierung. Manche Unternehmen und Behörden sind wieder ausgestiegen. Andere wie das Familienministerium in Rheinland-Pfalz haben eine positive Bilanz gezogen. Auch Unternehmen wie Siemens halten daran fest, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass mancher Bewerber den Sprung zum Vorstellungsgespräch schafft, der ihm sonst nach Durchsicht der Unterlagen verwehrt geblieben wäre.

Spätestens im Gespräch selbst kommt ohnehin der Moment der Wahrheit, in dem sich die Erwartungen des Personalers und die Qualitäten des Bewerbers begegnen. Der anonyme Weg bis dahin ist kein Allheilmittel. Doch er blockiert auch nichts, sondern bietet die Chance für Überraschungen. Wie bei vielen Steuerungsinstrumenten gibt es positive und negative Seiten. Das Aus im öffentlichen Dienst in NRW ist aber nicht Folge eines Abwägungsprozesses, sondern Ausdruck des Willens, auf die Schnelle Tatkraft demonstrieren zu wollen — ein zu läppisches Ende für eine im Kern gute Idee.