Arcandor: Insolvenz – und doch nicht am Ende?
Fristverlängerung für Arcandor wird wenig ändern.
Die Galgenfrist wird wenig ändern. Zwar erhielt Arcandor am Montag die Chance, noch mal einen verbesserten Antrag auf Rettungsbeihilfen vorzulegen. Doch am Ende wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Insolvenz des Karstadt-Mutterunternehmens stehen. Die Indizien sind zu eindeutig. Allein der Hinweis der EU, wie kritisch man dort Hilfsmaßnahmen gegenüber steht, genügt eigentlich. Am Montag nun beeindruckte das Berliner Tempo: Innerhalb weniger Stunden waren 650 Millionen Staatsbürgschaft und 437 Millionen Notkredit vom Tisch. Klarer könnten die Signale kaum sein.
Der Staat ist nicht mehr gewillt, Arcandor mit direkten Hilfen zu retten. Zumal Umfragen ergeben, dass die Mehrheit der Bürger spätestens seit dem Opel-Deal wenig Verständnis für solche Finanzspritzen hat. Die Menschen haben begriffen, dass sie am Ende diese Hilfen mit ihren Steuern bezahlen.
Sie fragen sich zum Beispiel, warum für Großunternehmen andere Regeln als für Mittelständler gelten sollen. Und sie sehen nicht ein, warum die Allgemeinheit für Managementfehler büßen soll. Sogar das deutsche Ergebnis der Europawahl lässt die Deutung zu, dass Gruppierungen, die marktwirtschaftliche Lösungen bevorzugen, besser abschnitten.
Die Zeichen stehen also auf Insolvenz. Vor allem die betroffenen Mitarbeiter stehen unter Schock. Was verständlich ist. Doch wäre eine Insolvenz wirklich so schlimm? Denn anders als es früher in Deutschland üblich war, ist heute ein vielversprechender Neuanfang nach solch einem Schnitt möglich.
Das kann sogar eine gute Chance für Mitarbeiter sein, die dann in einem Unternehmen tätig sind, das dem Wettbewerb viel besser als dessen Vorgänger gewachsen ist. Denn was gerne vergessen wird: Die Arcandor-Probleme sind überwiegend hausgemacht und keineswegs durch die aktuelle Wirtschaftskrise verursacht.
Wie auch immer die Lösung aussieht: Den Kaufhäusern insgesamt stehen schwierige Zeiten bevor. Sie sind nicht mehr, wie im berühmten Zola-Roman das glitzernd-verklärte "Paradies der Damen", sondern müssen den unpoetischen Verdrängungswettbewerb von Discountern ertragen. Doch das ist nicht so neu, gelang doch einst ihr Siegeszug meist auch wiederum nur auf Kosten von Einzelhändlern.