Auf deutsche Stärken besinnen
Die Lehren aus dem Bochumer Opel-Dilemma
Auch wenn es angesichts der betroffenen Mitarbeiter herzlos klingen mag: Rein betriebswirtschaftlich ist es sinnvoll, dass die amerikanische Opel-Mutter General Motors die Autoproduktion in Europa reduziert. Schließlich baut GM viel mehr Autos, als gebraucht werden. Auch Ford hat ja erst kürzlich Standortschließungen angekündigt, weil die gesamte Branche unter einer Absatzkrise leidet. Doch muss es Bochum treffen? Nein. Die Opelaner im Ruhrgebiet sind zu Recht sauer, auch über die schleppende Informationspolitik.
Die Proteste in Bochum werden allerdings nichts bewirken, weil die Branche schlichtweg in einer tiefen Krise steckt. Das Automobil hat stark an Prestige verloren. Immer mehr Menschen führen auch ohne eigenes Fahrzeug ein sehr mobiles Leben. Hinzu kommen im Fall von GM das etwas unglückliche Händchen mit der Tochter Opel und eine Modellpolitik, die weder Ästheten noch Umweltbewusste permanent begeistert.
Die Proteste werden auch deshalb nichts ändern, weil die Waffe Streik stumpf ist. Wegen der Überproduktion steht sowieso Kurzarbeit bevor. Sogar falls der Standort Bochum nicht komplett von der Landkarte verschwindet, ist die Entwicklung schlimm. Wenn Opel schließt, trifft das Mitarbeiter samt Familien, aber neben Zulieferern wegen des Konsumverzichts der Betroffenen auch den Einzelhandel.
Wenn GM jetzt statt auf Bochum auf andere Werke in Europa setzt, ist das keine gute Idee. Denn gerade bei Autokäufern hat das „Made in Germany“ weiterhin einen guten Ruf, der sich zusammen mit der Traditionsmarke Opel vermarkten ließe. Diesen Vorteil verspielt GM gerade, wenn der Konzern jetzt stattdessen etwa in Polen billiger produziert.
Aus Sicht der heimischen Wirtschaft kann die Lehre aus dem Opel-Dilemma nur sein, sich stets auf die deutschen Stärken im Export zu besinnen. Dabei kann und muss man international aufgestellt sein, sollte sich aber nicht wie bei Opel komplett fernsteuern lassen. Und die Politik sollte, auch wenn das Herz anderes sagt, die Finger von Finanzhilfen für Opel lassen. Denn nur, weil es um mehr Arbeitsplätze als bei einem in Not geratenen Handwerker geht, ist so etwas noch lange nicht richtig.