Betreuungsgeld: Aus der familienpolitischen Trickkiste
Düsseldorf. Die Familienpolitik ist ein Paradebeispiel für die Wurstigkeit, die den schwarz-gelben Koalitionsvertrag prägt. In der Großen Koalition hatte sich die CSU nicht mit ihrer Forderung durchsetzen können, Eltern ein Betreuungsgeld zu gewähren, die ihre Kinder nicht in staatlich finanzierte Kitas schicken wollen.
Nun haben CDU und FDP die Quälgeister aus Bayern in diesem Punkt gewähren lassen, obwohl sie selbst gar nicht hinter der sogenannten Herdprämie stehen.
Schließlich sind sich nahezu alle Experten einig, dass die Integration von Migranten-Kindern und Kindern aus der Unterschicht nicht in deren Familien geleistet werden kann. Ihre Chancen, an dieser Gesellschaft teilzuhaben, steigen mit ihren Sprachfertigkeiten und der Möglichkeit, die Grenzen ihrer Herkunftsmilieus zu überwinden.
Wer die Betreuung von Vorschulkindern als familienfeindlich geißelt, muss sich zu Recht gesellschaftspolitischen Zynismus vorwerfen lassen. Nur weil der Neuköllner Bezirksbürgermeister Buschkowsky mal wieder gezielt die Grenzen politischer Korrektheit überschritten hat, hat er noch lange nicht Unrecht. Seine Forderung, eher in Kinder statt in Eltern zu investieren, sollte in Zeiten knappster Kassen jedenfalls familienpolitischer Konsens sein.
Das scheint auch Angela Merkel so zu sehen. Sie verweist darauf, dass der Koalitionsvertrag ausdrücklich die Ausgabe von Bildungsgutscheinen für Hartz-IV-Bezieher vorsieht. Die Idee mit den Gutscheinen hat nur einen Haken: Sie ist verfassungsrechtlich haltlos. Unter dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Staat nicht der einen Gruppe Bares zahlen und der anderen eine Sachleistung gewähren.
Es gibt noch einen zweiten Grund, warum das Betreuungsgeld niemals umgesetzt wird: Wenn das Verfassungsgericht demnächst erzwingt, die Kinderregelsätze bei Hartz IV bedarfsgerecht anzuheben, wird es keinen finanziellen Spielraum mehr für zusätzliche Leistungen geben.
Merke: Angela Merkel macht am liebsten dort politische Zugeständnisse, wo diese später durch die Realitäten eingeholt werden. Diese Methode, mit irrealen Zielsetzungen politische Partner zu befrieden, mag solange legitim sein, wie diese den Trick nicht durchschauen. Die Glaubwürdigkeit von Politik steigert man so allerdings nicht.