Die große Verunsicherung
Als im Frühjahr Dutzende Menschen in Mexiko an einem neuen Virus starben, war die Hysterie groß. Schnell war der Name Schweinegrippe geboren, doch keiner wusste, wie schnell sie sich ausbreitet und wie gefährlich sie ist.
Mit dem Überschwappen nach Europa und den in der Regel milden Verläufen der Krankheit breitete sich Gelassenheit aus und in der Folge Impfmüdigkeit: Nur jeder Fünfte in Deutschland will sich derzeit gegen das Virus immunisieren lassen. Vor diesem Hintergrund verstärkt die EU nun ihre Warnung, die Schweinegrippe nicht zu unterschätzen - und trägt damit noch mehr zur Verunsicherung der Bürger bei.
Das größte Problem ist, dass die Experten viel mit Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten arbeiten müssen. Nach Schätzungen könnte sich jeder Dritte mit der Schweinegrippe infizieren. Ob es so kommt, hängt auch davon ab, wie viele sich impfen lassen. Zugleich könnte sich das Virus verändern und dann schwerere Krankheitsverläufe auslösen.
Nicht zuletzt deshalb setzen die Behörden auf die Impfaktion. Je weniger Menschen infiziert sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Mutation kommt. Die Debatte um die Sicherheit für den von Deutschland bestellten Impfstoff wiederum hat dazu geführt, dass viele auf die Impfung verzichten wollen. Ein Teufelskreis.
Ein Teil der Verunsicherung liegt in der Natur des Problems: Jede Pandemie folgt ihren eigenen Gesetzen. Politik und Behörden müssen sich aber den Vorwurf gefallen lassen, mit einem Kommunikationsdesaster die Verunsicherung noch geschürt zu haben. Sie müssen daraus Konsequenzen ziehen für die nächste Pandemie, die hoffentlich nie kommt.
Den Bürgern hilft das in der aktuellen Situation nicht. Sie müssen zwischen berechtigter Sorge und Panikmache, zwischen angemessener Kritik und geschürter Hysterie unterscheiden.
Und sie müssen unter Berücksichtigung ihres persönlichen Risikos entscheiden, ob sie sich impfen lassen: Wie groß ist die Gefahr, mich oder andere anzustecken? Überwiegt der Nutzen die nie auszuschließende Möglichkeit, dass es Nebenwirkungen gibt? Wer zweifelt, sollte sich Rat holen. Abnehmen kann ihm die Entscheidung aber auch ein Arzt nicht.