Bürgergeld: Und wieder eine Bierdeckel-Idee
Der Bierdeckel von Friedrich Merz feiert fröhliche Urständ. Diesmal nicht als Synonym für die Supervereinfachung der Einkommensteuer, sondern in Form des liberalen Bürgergeldes. Mit einem Handstreich will die FDP die Sozialbürokratie überflüssig machen.
Alle steuerfinanzierten Leistungen - angeblich 138 Arten, die von 45 staatlichen Stellen verwaltet werden - wollen die Liberalen bündeln und nur noch vom Finanzamt auszahlen lassen.
Diese bestechende Einfachheit ist genau der Grund, warum Angela Merkel auch diesen Punkt bei den Koalitionsverhandlungen ausbremsen wird. Die Kanzlerin wird nicht das unkalkulierbare Risiko eingehen, die Sozialsysteme nach den Hartz-Reformen noch einmal einer grundlegenden Reform zu unterziehen.
Tatsächlich birgt die verlockend klingende Vokabel vom Bürgergeld, das allen bedürftigen Menschen ohne ausreichendes Einkommen zusteht, einen entscheidenden Pferdefuß: die nicht kalkulierbare Folgewirkung auf den Niedriglohnsektor. Das Bürgergeld soll den Anreiz erhöhen, auch schlecht bezahlte Arbeiten anzunehmen.
Schließlich würde ein nicht existenzsichernder Lohn durch das Bürgergeld attraktiv. Gleichzeitig sollen Arbeitgeber motiviert werden, ganz neue Arbeitsplätze für Geringqualifizierte zu schaffen. Wer aber garantiert, dass Unternehmen bestehende, recht gut bezahlte Jobs nicht einfach umwandeln und den Lohn ihrer Arbeitnehmer staatlich subventionieren lassen? Solche Mitnahmeeffekte wären programmiert.
CDU und CSU könnten den Anstoß der Liberalen aber für etwas ganz anderes nutzen. Sie werden bei Hartz IV mit Sicherheit das Schonvermögen erhöhen, damit nicht länger diejenigen bestraft werden, die für ihren Lebensabend vorgesorgt haben. Die Fraktion Rüttgers wird zudem versuchen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes II für diejenigen erneut zu erhöhen, die über Jahrzehnte Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Wenn die schwarz-gelbe Koalition dann noch einen Ersatzbegriff für das unsägliche "Hartz IV" findet, könnten sich die Partner als Erneuerer des Gerechtigkeitsgedankens feiern lassen, während die Schmach des herzlosen Sozialabbaus auf ewig mit der SPD verbunden wäre.