Meinung Bundeskabinett verabschiedet Finanzplanung: Ende des Brimboriums

Was haben sich SPD und Union gefetzt über diesen Bundeshaushalt. Unter großem medialen Brimborium forderte Obergenosse Sigmar Gabriel ein "neues Solidaritätsprojekt für unsere eigene Bevölkerung" und drohte gar mit einem "Nein" zum anstehenden Zahlenwerk, falls seine Idee darin keine Berücksichtigung fände.

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Kassenwart Wolfgang Schäuble wiederum ließ Gabriel kalt abblitzen ("erbarmungswürdig"). Das war vor den drei Landtagswahlen. Nun ist wieder Harmonie angesagt. Gabriel bekommt ein paar Milliarden mehr. Und Schäuble kann stolz verkünden, dass die "schwarze Null" trotz aller Extraausgaben steht wie ein Fels in der Brandung. So wird die Etatplanung für 2017 zu einem koalitionsverträglichen Mix aus roten und schwarzen Zutaten.

Allen recht getan ist in diesem Fall jedoch eine Kunst, für die Schäuble am wenigsten kann. Die gute Haushaltslage resultiert ja nicht aus großen Reformen oder eiserner Spardisziplin. Der Kassenwart kann aus dem Vollen schöpfen, weil es die Konjunktur nach wie vor gut mit ihm meint. Und weil die europäische Niedrigzinspolitik den Schuldendienst auf ein historisches Tief gedrückt hat.

Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler wurde der Haushalt allein in den letzten fünf Jahren durch überplanmäßig hohe Steuereinnahmen und niedrige Zinsausgaben um 112 Milliarden Euro entlastet. Das entspricht einem Drittel des laufenden Bundesetats. Wirklich nachhaltig angelegt wurden die Überschüsse jedoch nicht. Auch dazu zwei Zahlen: Steuereinnahmen im Umfang von 282 Milliarden Euro konnte der Bund im vergangenen Jahr verbuchen. Aber nur gut sechs Milliarden Euro davon flossen in das Bundesfernstraßennetz. Dabei besteht gerade in der Verkehrsinfrastruktur ein riesiger Investitionsstau.

Auch wenn der neue Bundeswerkewegeplan hier Anlass zur Hoffnung gibt, ein grundlegendes Umsteuern ist bei der aktuellen Finanzplanung nicht in Sicht. Die Ausgaben schießen auch in den kommenden Jahren zum Teil kräftig nach oben. Doch ist das Augenmerk dabei eher auf weitere soziale Wohltaten gerichtet. So soll es zum Beispiel eine Art Mindestrente für Geringverdiener geben, die das beitragsbezogene System der Alterssicherung weiter aushöhlt, aber die Erwartungen der allermeisten Betroffenen kaum erfüllen wird. Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes wird dadurch erst recht nicht verbessert. Genau das ist jedoch geboten, denn für die gute Wirtschaftslage gibt es keine Bestandgarantie.

In der Finanzplanung Schäubles spiegelt sich diese Unwägbarkeit übrigens durchaus wider. Zwar ist die "schwarze Null" auch für das Haushaltsjahr 2018 vermerkt. Doch klafft hier noch eine Finanzierungslücke von fast sieben Milliarden Euro. Weil im kommenden Jahr neu gewählt wird, muss sich allerdings die nächste Bundesregierung damit herumschlagen. Mit politischer Weitsicht hat das nichts zu tun.