Bundestag-Eklat: Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel

Das Theater im Bundestag schadet der Demokratie.

Man mag das Betreuungsgeld für sinnlose Mittelverschwendung und eine gesellschaftspolitisch schädliche Idee halten. Dennoch besteht auch für schärfste Gegner kein Grund, sich über das Geschehene zu freuen.

Der Hammelsprung inklusive Abbruch der Bundestagssitzung hat zwar dazu geführt, dass sich das Projekt Betreuungsgeld bis in den Herbst verzögert. Was auch bedeuten kann, dass der Plan wegen des weiter gewachsenen Widerstands keine Mehrheit im Bundestag findet.

Allerdings ist der Schaden, den die Trickserei der Opposition angerichtet hat, gewaltig und nicht zu rechtfertigen. Das ist ein Tiefschlag für die Demokratie.

Schon bislang nehmen viele Bürger das politische Geschehen überwiegend als infantile Wortgefechte in Fernseh-Talkshows wahr. Das Image des Politikers ist am Boden. Manch kluger Kopf schreckt vor diesem vermeintlich schmutzigen Geschäft zurück, so dass die Gefahr der zweitklassigen Besetzung in Schlüsselpositionen unseres Gemeinwesens droht.

Vor diesem Hintergrund ist es fahrlässig, was am Freitag im Bundestag geschah. Der Bürger schüttelt den Kopf, wundert sich über das kindergartenreife Theater und flüchtet sich noch ein Stück weiter in seine Politikverdrossenheit.

Auch wenn die Opposition alles als ganz normalen und den parlamentarischen Regeln entsprechenden Vorgang sieht und sich wegen des Teilsiegs in Sachen Betreuungsgeld und der Blamage für die Koalition erfreut die Hände reibt: Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Zwei weitere Aspekte lassen beide Seiten zudem nicht gut aussehen: Hatten SPD und Grüne ihr Manöver mit der amtierenden Sitzungspräsidentin vorher ausgeklüngelt? — Das wäre mit Petra Pau ausgerechnet eine Linke gewesen. Und wenn es sich bewahrheitet, dass Familienministerin Kristina Schröder die Abstimmung verpasste, zeugt das von reichlicher Unbedarftheit.

Ganz nebenbei hat die Opposition auch der Mär von den faulen und dazu noch überbezahlten Politikern Nahrung gegeben. Der Eindruck, die meisten seien Freitagmittag frühzeitig ins Wochenende abgereist, statt in Berlin ihre Pflicht zu tun, setzt sich fest. Dass viele Mandatsträger in Wahrheit wegen anderer Verpflichtungen und Arbeit in ihrem Wahlkreis unterwegs sind, fällt unter den Tisch.