Die FDP muss endlich Klartext reden

Es wird erst noch schwieriger, bevor es besser werden kann. Wenn dieser Satz, den die Kanzlerin an Silvester gesagt hat, eingepreist sein sollte, dann könnte sich im Mai eine denkwürdige Konstellation ergeben: Schwarz-Gelb im Bund hebt Schwarz-Gelb in Düsseldorf aus dem Sattel.

Wegen fahrlässiger Unschärfe im Regierungshandeln. Anstatt den Jahreswechsel für eine konzertierte Aktion zu nutzen, um verspieltes Startkapital zurückzugewinnen, ergehen sich die Koalitionäre von CDU, CSU und FDP in den ersten Tagen weiter in neurotischen Profilierungskämpfen. Da wird gemäkelt, abgelenkt, attackiert und getäuscht, dass man sich fragt: Was macht das Wunsch-Trio eigentlich, wenn es wirklich ernst wird? Hat denn niemand registriert, dass in jüngsten Umfragen inzwischen 70 Prozent der Bevölkerung den politischen Parteien nichts mehr zutraut?

Zu den Merkmalen dieser Regierung gehört, dass neben dem Scheinriesen CSU auch der andere Partner Meinungsführerschaft beansprucht, aber nicht weiter konkret wird. Wenn FDP-Obere gefragt werden, wie ihre an sich ja verheißungsvolle Steuerpolitik mit der Wirklichkeit Neuverschuldung in Einklang zu bringen ist, kommt nicht mehr als der Standard-Hinweis: Steht im Koalitionsvertrag. Dass dort auch steht, dass sämtliche geplanten Segnungen mit einer Klausel versehen sind (Finanzvorbehalt), lassen die Liberalen unter den Tisch fallen. Wer das als zumindest unredlich kritisiert, muss sich von Parteichef Guido Westerwelle sagen lassen, dass solche Kritik nicht akzeptabel sei. Ist das die "geistig-politische Wende", die Westerwelle neuerdings propagiert?

Wenn die FDP nicht als Koalitionsanhängsel enden will, dem die Kanzlerin irgendwann sowieso den Schutzzaun einreißen muss, den die Liberalen um ihre Wahlversprechen gezogen haben, dann sollte die FDP endlich Klartext reden. Wie und ab wann soll der gigantische öffentliche Schuldenberg von fast 1,8 Billionen Euro abgetragen werden? An welche Subventionen will Schwarz-Gelb die Axt legen? Welche sozialen Zumutungen hält die FDP für vertretbar, um den Haushalt ins Lot zu bringen? Raus mit der Sprache. Schluss mit der Mikado-Spielerei nach der Devise: "Wer-zuerst-sagt-wo-gespart-wird-der-verliert."