Vorläufiger Höhepunkt im VW-Machtkampf Die Niederlage des Patriarchen
Piëch legt sein Mandat als VW-Aufsichtsratschef nieder
Diesmal war alles anders. Ferdinand Piëch, dessen Einfluss bei Volkswagen fast alle für grenzenlos hielten, ist draußen. Der Machtkampf beim größten deutschen Industriekonzern hat damit ein mehr als überraschendes Ende gefunden.
Vor gut zwei Wochen nahm das Drama seinen Anfang. „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“, sagte Piëch dem „Spiegel“. Die verbale Attacke versetzte die VW-Spitze in Schockstarre. Das Ende von Vorstandschef Martin Winterkorn schien besiegelt. Denn bislang hatte Piëch sich immer durchgesetzt, wenn es galt, Widersacher vor die Tür zu setzen. Ende 2006 musste VW-Chef Bernd Pischetsrieder gehen. Und 2009 demontierte Piëch im Ringen zwischen VW und Porsche den damaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.
In der Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Ziehsohn Winterkorn hat sich Piëch aber verspekuliert. Offensichtlich fühlte sich der Österreicher nach den Erfolgen beim Absägen von Managern zu sicher. Anders als früher hielt er es nicht einmal für nötig, nach Verbündeten zu suchen. Den Rauswurf Winterkorns glaubte der 78-Jährige VW-Chefaufseher nach Gutsherrenart durchsetzen zu können. Doch diesmal stellte sich das sechsköpfige Präsidium des Aufsichtsrates geschlossen gegen den Patriarchen.
Dabei gibt es durchaus gute Gründe für die Attacke gegen Winterkorn. Auf dem US-Markt fährt VW der Konkurrenz hinterher, bei den Kleinwagen fehlen überzeugende Modelle, und die Kernmarke Volkswagen verdient mit Golf und Passat nur wenig Geld. Satte Gewinne fahren dagegen die Konzerntöchter Audi, Porsche und auch Skoda ein. Winterkorn profitiert von diesem Glanz, der die Probleme bisher überstrahlt hat. Vielleicht hätte Piëch nur ein paar Monate Ruhe geben müssen. Vielleicht wäre es ihm gelungen, den übrigen Aufsichtsräten seine Bedenken gegen Winterkorn zu erläutern. Aber so tickt Piëch nicht. Er wollte den Sieg sofort und hat sich mit dieser Sturheit die größte Niederlage beschert.
Piëch hinterlässt ein gewaltiges Machtvakuum. Wie alle Autobauer muss VW nicht nur strikte Abgas-Normen einhalten, sondern den digitalen Wandel hin zur vernetzten Mobilität gestalten. Mit ihm würde das besser gelingen.