Meinung Dienstpflicht für Flüchtlinge: Das ist wirklich Populismus
Prinzipiell ist der Ansatz nicht verkehrt. Nur ist Kramp-Karrenbauers Vorschlag derart unausgegoren, dass der Vorwurf des Populismus gerechtfertigt ist. Ein Kommentar von Hagen Strauß.
Es ist schon skurril, wie sehr die Union von der Flüchtlingsthematik getrieben wird. Endlich ist mal nach Wochen scharfer unionsinterner Auseinandersetzung etwas Ruhe in die Debatte gekommen, endlich wird in der großen Koalition wieder über die drängenden Probleme bei Rente, Arbeitsmarkt und Wohnungsbau beraten, schon haben sie in der CDU offenbar Entzugserscheinungen. Also holt die Generalsekretärin die nächste Idee aus der Kiste — eine Dienstpflicht für Flüchtlinge.
Für Humanität soll also auch ein Preis verlangt werden. Getreu dem alten Gerhard-Schröder-Prinzip: fördern und fordern. Prinzipiell ist ein solcher Ansatz nie verkehrt. Nur ist Kramp-Karrenbauers Vorschlag derart unausgegoren, dass der Vorwurf des Populismus seitens der Opposition gerechtfertigt ist.
Freiwillig oder verpflichtend sollen Flüchtlinge ein Jahr ihren Dienst an der Gesellschaft leisten. Ja, was denn nun, mit oder ohne Zwang? Soll jeder Flüchtling herangezogen werden, oder nur die mit guter Bleibeperspektive? Macht ein solches Engagement überhaupt Sinn, wenn Asylsuchende nicht einmal Deutsch sprechen? An welche gesellschaftlichen Bereiche denkt die CDU-Frau eigentlich? Pflege, Kita, Straßenreinigung? Wenn dem so wäre, hätte dies etwas von einer Suche nach neuen, billigen Arbeitskräften. Und wie steht es dann um die Entlohnung der Betroffenen?
Die Idee wirft viel mehr Fragen auf, als dass sie Lösungen für eine bessere Integration böte. Bereits gut integrierte Flüchtlinge mit Arbeits- oder Ausbildungsplatz können sich nicht unbedingt sicher sein, dass sie im Land bleiben dürfen. Weil das so ist, kann man eine wie immer geartete Dienstpflicht, die auch in die Persönlichkeitsrechte eines Flüchtlings stark eingreift, nicht einfach aus der Hüfte schießen.
Die Union sollte sich lieber sinnvoller orientieren. So will das Bundeskabinett bis Jahresende endlich den Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschließen. Es ist dringend notwendig, damit der Fachkräftemangel nicht zur Wachstumsbremse wird. Deutschland braucht aber nicht nur Ärzte und Ingenieure, sondern auch Krankenschwestern, Pfleger und Menschen, die einfachen Tätigkeiten nachkommen. Deswegen muss es denen, die bereits hier sind, leichter gemacht werden, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Das wäre eine bessere Integrationsmaßnahme.