Ein Sieg der Expansions-Strategen des IOC

Tokio gewinnt trotz der Gefahr durch Fukushima

Tokio jubelt, Madrid und Istanbul tragen Trauer. Auf den ersten Blick hat sich am Sonntag abgespielt, was immer geschieht, wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) das größte Ereignis der Welt an einen Austragungsort vergibt. Aber auf den zweiten Blick ist alles anders. Denn diesmal hat nicht der beste Kandidat das Rennen gemacht, sondern der Finanzoptimierer des IOC. Zwar ist Tokio schon heute, sieben Jahre vor Eröffnung der Spiele, in der Lage, wichtige Kriterien des IOC zu erfüllen.

So sind die meisten Sportstätten in einem Umkreis von acht Kilometern zu erreichen und es gibt fast schon genügend Hotelbetten. Aber dann ist da auch noch Fuku-shima. Das Land der aufgehenden Sonne trägt schwer an den Folgen der Atomkatastrophe. Sie wird noch Jahrzehnte nachwirken und versorgt die Welt in der Gegenwart regelmäßig mit äußerst besorgniserregenden Nachrichten. Am IOC scheinen die allerdings vorbei gegangen zu sein. Denn es hat sich für Tokio und gegen Madrid sowie Istanbul entschieden.

Angesichts der Wirtschaftskrise in Spanien sollten alle Europäer Madrid zur Niederlage gratulieren. Deutschen, französischen oder griechischen Steuerzahlern wäre schwer zu vermitteln gewesen, dass sich ein Land am Tropf der EU Olympische Spiele leistet.

Istanbul dagegen löst fast schon Mitleid aus. Wieder ist ein Versuch der Türkei gescheitert, in die Weltliga der Staaten aufzusteigen. Aber Istanbul ist zu nah an den Brandherden der Weltpolitik, und die innenpolitische Lage der Türkei gilt seit Monaten als labil. Das kann sich binnen sieben Jahren freilich ändern.

Die Wahl des IOC hat aber mit Sicherheitsaspekten wenig zu tun. Den Herren der Ringe geht’s ums Geld. 2018 richtet das südkoreanische Pyeongchang die Winterspiele aus. Zwei Jahre später ist Tokio Gastgeber der Sommerathleten. Olympia expandiert nach Asien. Beide Austragungsorte versprechen wegen der Bevölkerungsdichte hohe Einschaltquoten und damit hohe Einnahmen für das IOC.

Zyniker werden sagen, dass der olympische Kassenwart seit Sonntag mit dem havarierten Reaktor von Fukushima um die Wette strahlt. Und niemand kann es ihnen verdenken.