Hooligan-Demo: Eine fatale Fehleinschätzung der Behörden
Mühsame Aufklärung nach Kölner Hooligan-Demo
Wenn eine Demonstration mit 40.000 Euro Sachschaden, 45 verletzten Polizisten und 134 Ermittlungsverfahren endet, dann kann man gut und gerne davon ausgehen, dass die Situation im Vorfeld falsch eingeschätzt wurde. Innenminister Ralf Jäger aber behauptet auch knapp vier Wochen nach dem Aufmarsch der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ in der Kölner Innenstadt das Gegenteil: Eine Fehleinschätzung der Behörden habe es nicht gegeben. Vor der Veranstaltung habe man nicht wissen können, wie gewaltbereit ihre Teilnehmer seien. Das wiederholte Jäger gestern im Landtag ebenso mantraähnlich wie seinerzeit direkt nach der Demonstration den Satz vom erfolgreichen Polizeieinsatz. Beides ist Schönfärberei, was der inzwischen veröffentlichte Einsatzbericht zeigt.
Demnach wurde die Polizei letztlich von der Eskalationsbereitschaft der Teilnehmer überrascht. Wie defensiv die Beamten vorgegangen sind, zeigt sich etwa darin, dass noch nicht einmal das mit dem Veranstalter vereinbarte Glasflaschen- und Pyrotechnikverbot durchgesetzt wurde. Begründung: um die Stimmung nicht anzuheizen. Zudem waren längst nicht alle der 1300 eingesetzten Beamten am Demonstrationszug stationiert. Zum Schutz der Veranstaltung, also an vorderster Linie, waren 646 Beamte im Einsatz.
Die Frage ist, wie es dazu kommen konnte, dass die Polizei derart überrumpelt wurde. Schließlich wurde die Veranstaltung nicht nur öffentlich im Internet angekündigt, sondern auch vor aller Augen geplant. Offenbar hatte man sich darauf verlassen, dass die Rädelsführer ihre Leute „im Griff“ haben. Dass sich die Demonstranten brav an deren Ansage halten, keine Gewalt und keine rechten Parolen zu verbreiten. Natürlich haben sie sich nicht daran gehalten — was bei einem derart wild zusammengewürfelten Klientel aus Hooligans, Rechten und Schlägern auch nicht verwunderlich ist. Die Behörden sind jedoch offenbar bis zuletzt davon ausgegangen, dass es sich bei der „Hooligans gegen Salafisten“-Veranstaltung um eine irgendwie geartete politische Demonstration handelt. Das war eine fatale Fehleinschätzung — auch wenn Ralf Jäger das nicht so nennen möchte.