Vom Brückenbauer zur Kampftruppe
Der Einsatz in Afghanistan hat die Bundeswehr verändert
Elf Jahre Krieg, 54 tote deutsche Soldaten und ein Land, das in eine ungewisse Zukunft blickt: Das ist die Bilanz des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Sicher, die Anzahl der Taliban-Anschläge ist zurückgegangen. Doch dies ist wohl weniger einer guten Sicherheitslage geschuldet, sondern vielmehr einer geänderten Strategie des Gegners, der spätestens mit der Verkündung des Abzugstermins der internationalen Schutztruppe seine Kämpfer bis 2014 in Ruhestellung geparkt hat.
Der Einsatz hat die Bundeswehr verändert. Sie hat sich gewandelt vom vermeintlichen Brunnenbauer zu einer Kampftruppe. Eine schmerzhafte Metamorphose, die auch an der deutschen Gesellschaft nicht spurlos vorübergegangen ist. Wie alle Nationen, die sich einst am Hindukusch militärisch engagierten — von den Griechen Alexanders des Großen, über die Engländer bis hin zu den Russen —, wird sich auch Deutschland in die Reihe der Desillusionierten einfügen müssen. Afghanistan ist nicht zu stabilisieren, es lässt sich keine Demokratie nach westlichem Vorbild überstülpen. Stattdessen besteht die Gefahr, dass das Konglomerat aus Stämmen und Einflusssphären diverser Familienclans in angestammte anarchische Strukturen zurückfällt.
Man würde jedoch der Bundeswehr nicht gerecht, wenn ihre Arbeit nur am Erfolg im Kampf gegen die Taliban gemessen würde. Militär und Entwicklungshilfe haben das Land aus der Steinzeit geholt. Es ist noch nicht in der Moderne, aber die Fortschritte sind sichtbar — an der Infrastruktur, am Aufbau eines Bildungssystems, das Mädchen nicht ausschließt, aber auch am aufkeimenden Selbstbewusstsein der Bevölkerung.
Es wäre fahrlässig, Afghanistan künftig sich selbst zu überlassen. Im Moment mag das Land wegen des Bürgerkriegs in Syrien und den Konflikten in den Staaten des Arabischen Frühlings aus dem Blickfeld des Westens weitgehend verschwunden sein. Doch nur von einer Bergkette getrennt kämpft im pakistanischen Swat-Tal eine nuklear hochgerüstete islamische Nation gegen Radikal-Islamisten. Der Ausgang dieses Kampfes ist genauso unabsehbar wie die Folgen für das globale geostrategische Gefüge. Das Kapitel Afghanistan kann noch nicht geschlossen werden.