Umwelt Hilfe von der TH für den Regenwald

Köln · Der Regenwald an der Ostküste Brasiliens ist nicht nur besonders artenreich, sondern auch massiv bedroht. Die brasilianische Gesetzgebung fordert daher seine Wiederbewaldung. Um das zu unterstützen, entwickeln die TH Köln und die lokale Umweltorganisation Regua seit Anfang 2024 Schulungskurse für die vielfältigen Zielgruppen vor Ort – mit Erfolg: Bisher wurden mehr als 130 Zertifikate ausgestellt.

Das Projekt wird im ökologischen Reservat Regua im brasilianischen Atlantischen Regenwald umgesetzt.

Foto: Regua/ADRIANO GAMBARINI

Nur noch zwölf Prozent der Waldfläche sind vorhanden

Der brasilianische Atlantische Küstenregenwald ist eines der artenreichsten Ökosysteme der Erde. Durch historische Rodungen, Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft sowie Urbanisierung sind allerdings nur noch rund zwölf Prozent der ursprünglichen Waldfläche vorhanden. „Das ist zu wenig, um die Biodiversität und wichtige Ökosystemleistungen wie Wasserversorgung, Klimaregulierung und Schutz vor Naturgefahren wie Überschwemmungen, Hangrutschungen und Dürren zu gewährleisten“, sagt Projektleiter Prof. Udo Nehren vom Institut für Technologie- und Ressourcenmanagement in den Tropen und Subtropen (ITT) der TH Köln. Zwar verpflichte die brasilianische Regierung Landbesitzenden, je nach Bundesstaat mindestens 20 bis 80 Prozent ihrer Flächen wieder zu bewalden, die Resultate seien bislang aber unzureichend.

Hier setzt das Vorhaben „Replantica“ von ITT und Regua im Bundesstaat Rio de Janeiro an: Das Projektteam entwickelt und optimiert bis Dezember 2026 sechs verschiedene Schulungskurse, die kostenfrei angeboten werden. Die Kurse sind auf die jeweilige Situation und die individuellen Bedürfnisse der Zielgruppen Landbesitzende, lokale Bevölkerung, Frauen, Studierende, Regierung/Behörden und NGOs zugeschnitten.

Jeder Kurs besteht aus drei Modulen. In diesen geht es um theoretische und praktische Fähigkeiten zur ökologischen Wiederherstellung von Waldgebieten und anderen Ökosystemen, die Bewertung und Verwaltung von durchzuführenden Maßnahmen zur Renaturierung und um Kooperationen sowie Finanzierungsmöglichkeiten. Die Kurse starten auf lokaler Ebene im Einzugsgebiet des Flusses Guapiaçu und werden über die Dauer des Projekts angepasst, um interessierte Akteuren über das Einzugsgebiet hinaus zu erreichen

„Mit den Schulungskursen wollen wir Verständnis fördern und Wissen vermitteln, das von den Teilnehmer*innen dann als Multiplikator*innen weitergegeben werden kann“, erklärt Claudia Raedig, Projektkoordinatorin des Kölner ITT. So soll langfristig ein Bewusstsein entstehen für die Bedeutung der biologischen Vielfalt und die Ökosystemleistungen des Atlantischen Regenwaldes. Weiterhin werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie durch das eigene Handeln degradierte Flächen wiederhergestellt werden können. „Die Zertifikate eröffnen den Absolventen der Kurse darüber hinaus weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich der Renaturierung – zum Beispiel bei einer Umweltorganisation oder Initiative vor Ort, in einer eigenen Baumschule, als Parkranger oder als Guide für Touristen“, erklärt Raedig.

Bislang hat für jede Zielgruppe ein Schulungskurs stattgefunden und 136 Teilnehmende haben die Kurse bereits erfolgreich durchlaufen. In weiteren Schritten werden die Kurse wiederholt und deren Konzepte anhand des Feedbacks der Teilnehmenden angepasst. Am Ende der Projektlaufzeit soll ein kostenfreies Handbuch entstehen, mit dessen Hilfe andere Organisationen oder Initiativen weltweit vergleichbare Kurse anbieten können.

Ein weiteres wichtiges Ziel des Projekts ist neben der Entwicklung und Optimierung der Schulungskurse auch die Vernetzung. Dazu wurde das „Partizipative Netzwerk für ökologische Wiederherstellung“ ins Leben gerufen. In sogenannten Matchmaking-Veranstaltungen werden Kursteilnehmende mit dem privaten Sektor zusammengebracht, damit diese sich gegenseitig bei der Durchführung von nachhaltigen Renaturierungsaktivitäten unterstützen und Hindernisse bei der Wiederbewaldung überwinden können. Im Rahmen dieser Partnerschaften sollen beispielsweise Setzlinge einheimischer Baumarten, Werkzeuge, Düngemittel, Arbeitskraft, Wissen oder Land zur Verfügung gestellt und aktiv für die Wiederbewaldung eingesetzt werden.