55.000-Euro-Bratsche ist wieder da

Geigenbauer Rodolfo Angilletta von der Wallstraße enttarnte einen Betrüger, der ihm das verschollene Instrument verkaufen wollte.

Düsseldorf. Als der 42-Jährige den schwarzen Kasten vor Geigenbaumeister Rodolfo Angilletta öffnete, witterte der zuerst ein großartiges Geschäft. Vor ihm lag eine über 150 Jahre alte Bratsche. Und der Mann, der sie ihm zum Kauf anbot, hatte offenbar keine Ahnung. "Er sagte, er habe das Instrument von seinem Großvater geerbt - aber es eigne sich nicht zum Gitarrespielen. Ich hätte es wohl für eine Stange Zigaretten bekommen können."

Der 35-Jährige war sofort misstrauisch. Zu Recht: Die Bratsche mit einem Wert von rund 55.000 Euro wurde schon schmerzlich vermisst.

Zum Schein ließ sich Angilletta auf den Betrüger ein: Er wolle das Instrument für einige Tage behalten, um es zu begutachten. Der Mann erklärte sich einverstanden. Sofort setzte sich der Geigenbaumeister an den Computer. Im Forum der Deutschen Orchestervereinigung wurde er fündig: Ein japanischer Orchestermusiker vermisste eine wertvolle Bratsche aus dem Jahr 1855.

Als Rodolfo Angilletta die Fotos sah, hatte er keinen Zweifel mehr. Er rief die Polizei. Am Montag vergangener Woche wurde das Instrument In Angillettas Geschäft an der Wallstraße sichergestellt. Als zwei Tage später der "Besitzer" wieder dort auftauchte, rief der 35-Jährige die Polizei. Die nahm den 42-jährigen Mettmanner vor dem Laden fest.

Ein glücklicher Kiochi Aoki bekam die Bratsche am Montag von der Polizei zurück. Der 27-Jährige hatte sie im April 2009 im Zug liegen gelassen, als er am Hauptbahnhof ausgestiegen war. "Es war dumm", sagt er. "Ich hatte Jetlag, dann rief mich gerade am Bahnhof ein Kollege an." Als er auf dem Bahnsteig stand, dämmerte ihm sein Fehler.

Zu spät: Über ein Jahr fehlte von dem wertvollen Instrument jede Spur. "Zuletzt hatte ich keine Hoffnung mehr", sagt der junge Mann, der im vergangenen Jahr bei den Düsseldorfer Symphonikern spielte. Und es gab Ärger mit den Eltern: Sie hatten ihm die Bratsche erst 2008 geschenkt.

Rodolfo Angilletta freilich wäre es lieber gewesen, er hätte die Bratsche tatsächlich kaufen können. Dass aber Schmuckstücke wie dieses aus der Versenkung auftauchen, ist selten. "Vor 30 oder 40 Jahren wurde mal ein Cello von Montagnana auf einem Dachboden entdeckt", sagt Angilletta.

Heutzutage hat das Instrument aus dem 18. Jahrhundert, das als "Sleeping Beauty" bekannt wurde, einen Wert von mehreren Millionen Euro. Rodolfo Angilletta hat nur ein gutes Gewissen - aber das ist doch unbezahlbar.