Sauberkeit in Düsseldorf „Das ganze Viertel erstickt im Müll“

Düsseldorf · Thomas Nowag wohnt an der Adersstraße. Seit Jahresbeginn räumt er fast täglich in seiner Umgebung auf.

Thomas Nowag bei einer seiner regelmäßigen Müll-Touren rund um die Adersstraße.

Foto: Marc Ingel

Thomas Nowag lebt erst seit gut zwei Jahren in Düsseldorf, seine Wohnung liegt an der Adersstraße in Friedrichstadt, „und hier wohne ich wirklich gerne“, sagt er. Wenn es nur nicht dieses eine Problem geben würde: „Wir ersticken hier im Müll. Ich wünschte, das wäre eine Übertreibung. Aber nein: Wir ersticken im Müll. Das gesamte Viertel. Und das schon seit Längerem.“

Nun ist Nowag ein Mann der Tat, will sich nicht vorwerfen lassen, nichts getan zu haben. Ganz im Gegenteil: Er war seit dem 1. Januar zwischen der Karl-Rudolf-Straße und der Pionierstraße unzählige Male jeweils ein bis zwei Stunden lang unterwegs, um den Müll einzusammeln. „Das waren zu Anfang unfassbare Mengen, da war der 120-Liter-Sack schnell voll.“ Inzwischen beschränke sich das auf diesen 200 Metern weitgehend auf täglich 80 bis 100 Zigarettenkippen, achtlos weggeworfene Pizzakartons und komplette Döner im Rinnstein. Und das wertet er als Erfolg.

Solche Müllberge sind an der Adersstraße keine Seltenheit.

Foto: Marc Ingel

Denn die Funde in den ersten Wochen seiner „Sisyphos-Arbeit“ waren haarsträubend: „Ich habe Medikamente gefunden, Zündkerzen, benutzte Kondome. Es ist widerlich. Ich habe eine Winterjacke gefunden, Dutzende leere Schnapsflaschen, lackierte Fingernägel und volle Windeln. Ganze Tüten von Essensbestellungen, alte Schuhe, eine kaputte Mikrowelle. Die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen.“

Auch vor Baumscheiben machen die Müllsünder keinen Halt.

Foto: Marc Ingel

Dennoch: Nowags Straßenabschnitt ist aufgrund seiner Eigeninitiative inzwischen beidseitig sauber – auch, wenn er fast täglich aufs Neue mit Greifer und Müllsack losziehen muss, um diesen Zustand beizubehalten. Im Januar musste er dafür unter anderem über die App der Stadt zwei wilde Müllkippen melden, „die erfreulicherweise innerhalb einer Woche abgeräumt wurden“.

Sogar aussortierte Schuhe werden einfach auf die Straße gestellt.

Foto: Marc Ingel

An einem besonders schlimmen Tag, dem 26. Januar, hat der 45-Jährige vormittags während der etwa 400 Meter hin und zurück zum Bäcker an der Hüttenstraße sowie auf weiteren 200 Metern an der Adersstraße in Richtung Bahnhof die Hinterlassenschaften der Menschen in Fotos festgehalten. Dieses Album des Grauens umfasst mehr als zwei Dutzend Aufnahmen, die für sich sprechen.

Mülleimer quillen vielfach über.

Foto: Marc Ingel

„Ich musste dafür nicht mal großartig suchen. Nein, so sehen hier der durchschnittliche Bürgersteig, der durchschnittliche Mülleimer, der durchschnittliche Rinnstein und die durchschnittliche Baumscheibe aus. Von den Dutzenden Schrotträdern ganz zu schweigen. Es ist eine Schande. Es kann auch nicht ernsthaft gereinigt worden sein, denn immer noch vergammeln hier etliche Reste von Silvesterraketen“, sagt Nowag, der daraufhin eine Mail mit seinen Eindrücken und der Bitte, weitere Mülleimer aufzuhängen (die jetzigen seien ständig überfüllt) oder zusätzliche Säuberungen durchzuführen, an Oberbürgermeister Stephan Keller schickte. „So kann es definitiv nicht weitergehen“, sagt Nowag. Eine Antwort steht noch aus.

Auch an Glascontainern wird der Abfall einfach weggeworfen.

Foto: Marc Ingel

Von der Stadt heißt es auf Anfrage: Aufgrund eines außergewöhnlich hohen Krankenstandes bei der Awista in den letzten beiden Januar-Wochen seien vereinzelte Reinigungstouren ausgefallen. Die beschriebene Problematik an der Adersstraße sei in der Tat „von einem aufmerksamen Bürger“ am 26. Januar dokumentiert und der Stadt übersandt worden, die Awista habe daraufhin am 28. Januar dort eine gründliche Reinigung vorgenommen. „Inzwischen hat sich der Krankenstand normalisiert’ und die Reinigungen werden wieder im üblichen Turnus erledigt“, sagt eine Stadtsprecherin. Aus Sicht der Verwaltung stimme es nicht, dass an der Adersstraße zu wenige Mülleimer hingen, „diese sind über die gesamte Straße verteilt und an allen Kreuzungsbereichen vorzufinden“. Die Sprecherin empfiehlt, soweit Mitbürger der Stadt Hinweise zu Abfallablagerungen und vielleicht infrage kommenden Verursachern übermitteln wollen, die Abfall-App (siehe Info-Kasten) zu nutzen.

„Das ist hier eben ein Abbild unserer Wegwerfgesellschaft, das Leben landet auf der Straße“, sagt Thomas Nowag – und macht einfach tapfer weiter mit seinen täglichen Touren durch die Nachbarschaft.

(arc ctri)