Prävention: Knöllchenquote für Fußgänger- Interview mit Verkehrsdirektor Martin Vonstein

2007 hat die Polizei verstärkt Radfahrer kontrolliert. Jetzt sind die Fußgänger dran. Verkehrsdirektor Martin Vonstein erklärt, warum.

Herr Vonstein, NRW will die Zahl der Verkehrstoten bis 2015 halbieren. In Düsseldorf nehmen Sie besonders Radler und Fußgänger ins Visier. Kann ein Erwachsener nicht selbst beurteilen, ob er mal bei Rot gehen kann?

MartinVonstein: Das haben sich wohl auch diejenigen gedacht, die überfahren wurden. Von den zwölf Düsseldorfer Verkehrstoten im vorigen Jahr waren sechs Fußgänger. Die Gefahr, bei uns im Verkehr als Fußgänger verletzt oder getötet zu werden, ist hoch. Statistisch gesehen verunglücken in Düsseldorf pro Jahr 83 von 100000 Menschen - in Köln etwa sind es 77.

Wir haben uns im vergangenen Jahr insbesondere um das Verhalten der Radfahrer gekümmert. Da die Unfallentwicklung in diesem Bereich positiv ist, wenden wir uns jetzt den Fußgängerunfällen zu - und versuchen, diese zu verhindern.

Im Übrigen konzentrieren wir uns auf die Verfolgung von Verkehrsverstößen in den Bereichen Geschwindigkeit, Drogen und Alkohol sowie Anlegen des Sicherheitsgurtes und Verwendung von Kindersitzen. Bei Unfällen dieser Art sind die Folgen meist schwerwiegend und es werden oft Personen verletzt.

Wie soll Ihre Kontroll-Offensive aussehen?

Vonstein: Wir haben mit gezielten Kontrollen schon begonnen. Wir haben Orientierungswerte festgelegt, wie viele Verstöße wir ahnden wollen. So sollten etwa zwischen Januar und Mai 2250 Vergehen von und gegen Fußgänger verfolgt werden - also auch Autofahrer, die am Zebrastreifen nicht halten. Tatsächlich haben wir in diesem Zeitraum über 6000 Verwarngelder verteilt.

Ab September legen wir jetzt wieder richtig los, denn im Herbst steigt die Zahl der Unfälle erfahrungsgemäß an. Wir wollen aber nicht nur verwarnen. Wir hoffen, dass die Stadt, die Rheinbahn und weitere Kooperationspartner mithelfen, aufzuklären, zu warnen und die Stadt durch ein Bündel an Maßnahmen sicherer zu machen.

Es gibt eine Quote: Das erklärte Ziel der Polizei lautet 134000 Knöllchen in diesem Jahr zu verteilen. Wie errechnet sich dieses Soll?

Vonstein: Wir haben uns die geahndeten Verstöße aus dem Vorjahr angeschaut und die Zielzahl für 2008 danach festgelegt. Sie ist im Übrigen niedriger als die tatsächliche Zahl der Knöllchen: Wir haben im vergangenen Jahr 146130 Verwarnungen mit Verwarnungsgeldern ausgesprochen.

Wir verfolgen also nicht mehr Verstöße, wir verlagern unsere Tätigkeit nur - in diesem Fall wollen wir eben auch das Fehlverhalten von Fußgängern und gegenüber den Fußgängern konsequenter verfolgen. Das Soll in diesem Bereich liegt bei 5400 Verwarnungen.

Ist es neu, dass Sie solche Ziele für die Verwarngelder festlegen?

Vonstein: Neu ist das nicht. Als wir im vergangenen Jahr verstärkt Radfahrer unter die Lupe genommen haben, hatten wir auch schon Soll-Vorstellungen.

Warum muss es überhaupt eine Zielvorgabe geben?

Vonstein: Schon der Dichter Christian Morgenstern hat gesagt: Wer das Ziel nicht kennt, wird den Weg nicht finden. Aber wir sind uns auch nicht zu schade, unsere Ziele nach unten zu korrigieren.

Für viele dürfte sich ein Knöllchen-Soll dennoch nach Abzocke anhören...

Vonstein: Unterstützen müssten uns die Bürger im Grunde: Eine Umfrage hat gezeigt, dass die Düsseldorfer mehr Angst haben, Opfer von Unfällen als von Straftaten zu werden. Deshalb müssen wir etwas tun. Zumal: Die Polizei behält die Verwarngelder nicht, auch die Stadt bekommt davon nichts.

Dieses Geld geht direkt ans Land. Verwarnt wird im Übrigen nur, wenn auch ein Verkehrsverstoß vorliegt. Wenn man nicht verwarnt werden will, muss man sich nur entsprechend verhalten. Ich bin auch überzeugt, dass meine Kollegen auf der Straße immer noch mit Augenmaß handeln - und das ist gut so.