Hilfe der Stadt In Nettetal gibt es Wohnungen für alle

Nettetal · Das Nettetaler Sozialamt setzt auf Prävention: So kann Wohnungslosigkeit bereits im Vorfeld vermieden werden. Wichtig dabei ist ein gut funktionierendes Netzwerk.

Franz Compans und Christina Maske haben für den Notfall vorgesorgt: In dringenden Fällen kann sogar ein Schlafsack ausgegeben werden.

Foto: Uli Rentzsch

Ein Beispiel aus dem Leben: Eine Frau ist Mitte dreißig, seit mehreren Jahren alkoholabhängig, depressiv und suizidal gefährdet. Hinzu kommt ein dringliches Problem: eine Räumungsklage. Sie wird ihre Wohnung verlieren. „Wir konnten ihr bereits im Vorfeld Hilfe anbieten“, sagt Frans Compans. Der Mitarbeiter im städtischen Sozialamt erläutert, dass die Nettetalerin bereits in der Psychiatrie behandelt wurde, sich die dortigen Aufenthalte aber im Ergebnis bislang vor allem aus strukturellen Gründen nicht positiv entwickelt hätten.

„Wir waren bei der Räumung vor Ort und haben versucht, akut zu helfen“, sagt Compans. Eine Unterbringung in der Notschlafstelle sei aufgrund der komplexen Umstände nicht ratsam gewesen. Eine Vermittlung an den Hausarzt mündete schließlich in eine freiwillige Einweisung in die LVR-Klinik. „Ein ganz entscheidender Faktor ist ein zuverlässiges Netzwerk“, bestätigt Compans. Mit dem Wissen über Depression und Selbstgefährdung sei die Zusammenarbeit mit dem sozial-psychologischen Dienst herausragender Bedeutung: Wenn nun alle Stellen gut ineinandergreifen, steigen die Chancen, dass eine Wohnungslosigkeit vermieden werden kann.

Der Rheinische Verein für katholische Arbeiterkolonien betreibt die Notschlafstelle an der Bahnhofstraße in Kaldenkirchen. Die Finanzierung erfolgt durch die Stadt Nettetal. In der Notschlafstelle stehen zwei Schlafräume mit Bad und Toilette zur Verfügung. Im Gespräch mit den Besuchern versucht der Verein, eine Anschlusslösung zu finden. Ziel ist eine langfristige Stabilisierung der Situation für die betroffenen Personen, um die Lebensführung selbstständig gestalten zu können.

Im günstigsten Fall setzt die Arbeit des Sozialamtes schon früh an, bevor das sprichwörtliche Kind im Brunnen liegt, „um die Unterbringung in der Notschlafstelle und damit auch Wohnungslosigkeit zu vermeiden“, wie Compans sagt. Eine dortige Unterbringung ist eine verpflichtende Aufgabe für eine Kommune. Nettetal leistet mehr: „Unser präventives Beratungsangebot, die Berücksichtigung der Individualität, das Angebot einer weiterführenden Vermittlung, dieses Mehr an Hilfe, das ist das Ziel unserer Arbeit“, sagt Christina Maske, Leiterin des Bereichs Soziale Betreuung, Asyl und Wohnungslose.

Ein Beispiel für präventive Arbeit: Die Gerichtsvollziehung des Amtsgerichtes unterrichtet die Stadt über anstehende Zwangsräumungen. Baugesellschaft, Caritasverband, die Kirchen, die Tafel, die Polizei, das Jobcenter, der Rheinische Verein für katholische Arbeiterkolonien und viele andere Institutionen und Verbände arbeiten eng mit dem Nettetaler Sozialamt zusammen. Den Schluss, den Franz Compans daraus ziehen kann: „In Nettetal muss niemand von Wohnungslosigkeit betroffen sein.“

Wohnungslose Personen können sich keinen gesicherten Zugang zu einem Wohnraum, zu einem geschützten, privaten Raum verschaffen, es fehlt also das Nutzungsrecht an einer Wohnung. Diese Personen leben beispielsweise in Wohnungsloseneinrichtungen, eine Unterbringung ist meist nicht von Dauer. Obdachlos ist dagegen eine Person, die akut gar keine Unterkunft hat oder vom Verlust seiner gegenwärtigen Unterkunft bedroht ist.

Handlungsbedarf ist nicht von der Hand zu weisen. Im Jahr 2020 zählte Nettetal noch 46 Personen mit insgesamt 477 Übernachtungen in der Notschlafstelle, 2023 waren es bereits 59 Personen mit 1538 Übernachtungen. Dabei sind die Gründe für eine Wohnungslosigkeit mehr als komplex. Strukturell begründet sind sie im Wohnungsmarkt, im Arbeitsmarkt, in den sozialen Sicherungssystemen, im Bildungssystem oder in der Gesellschaftsstruktur. Im persönlichen Bereich sind neben anderen Arbeitslosigkeit, fehlendes Einkommen, fehlende soziale und familiäre Bindungen, Trennung oder Scheidung, psychische oder physische Erkrankungen, Suchtprobleme, Straffälligkeit, Gewalterfahrungen oder finanzielle Probleme Gründe für Wohnungslosigkeit.