Bürgermeister reagiert auf die Grundsteuer-Debatte Grundsteuer bringt Stadt in Erklärungsnot

<irwordspace style="word-spacing 025em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Hilden </irglyphscale></irwordspace> · Für eine ganze Reihe von Hildenern ist der Grundsteuerbescheid ein Schock. Die Nachfragen bei der Stadt reißen nicht ab. Wie der Bürgermeister reagiert und was Betroffene tun können.

Die Grundsteuer betrifft Eigentümer und Mieter gleichermaßen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Es ist eines der aktuellen Aufreger-Themen in Hilden: die Grundsteuerbescheide. Für viele Bürger ist es deutlich teurer geworden. Dazu bemängeln viele Betroffene die mangelnde Transparenz der Bescheide. Die Stadt ist mit einer Vielzahl von Beschwerden aufgebrachter und verunsicherter Bürger konfrontiert. Bürgermeister Claus Pommer sagt dazu: „Viele Bürgerinnen und Bürger wurden mit dem Grundsteuerbescheid mit einer unerwartet hohen Steuerlast konfrontiert. In vielen Fällen wurde deshalb Einspruch eingelegt. Die Sorgen und Unsicherheiten sind groß, manche fürchten sogar um ihre Existenz. Wir alle in der Stadtverwaltung sehen diese Nöte und nehmen sie ernst.“

Seit 1. Januar gelten in Hilden differenzierte Hebesätze, die Ende vergangenen Jahres vom Rat beschlossen worden waren: Für Wohn-Immobilien (Grundsteuer B) wird ein Hebesatz von 650 Prozentpunkten berechnet, 1300 Prozentpunkte sind es für Nicht-Wohngrundstücke. Für die Grundsteuer A ist ein Hebesatz von 325 Prozentpunkten vorgesehen. Hilden hat damit die Hebesätze erhöht und sich nicht für eine aufkommensneutrale Variante entschieden. Zudem hat sie die Hebesätze gesplittet.

Um zu verhindern, dass Wohngrundstücke künftig höher als bislang besteuert werden, können jeweils Hebesätze für Wohn- und Gewerbegrundstücke beschlossen werden. Mit diesem differenzierten Hebesatz kann die Lastverschiebung zulasten der Wohngrundstücke abgefedert werden, erklärt das Land NRW. Allerdings birgt das Vorgehen rechtliche Risiken. Betroffene haben laut steuerlichen Gutachtern gute Chancen, gegen die unterschiedlichen Hebesätze zu klagen.

Eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt

Die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu. Damit zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Diese Mittel benötigen die Gemeinden, um damit Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien zu finanzieren und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken vorzunehmen. Die Erhöhung der Grundsteuer betrifft Hauseigentümer wie Mieter gleichermaßen, da Vermieter die Grundsteuer als Nebenkosten auf die Mieter umlegen dürfen.

Andreas Adan von Haus und Grund in Hilden nennt Beispiele: So habe ein Mitglied eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 80 Quadratmetern vermietet. Die Grundsteuer lag bei 250 Euro, jetzt steigt sie auf 800 Euro pro Jahr. In einem anderen Fall lag die Grundsteuer für ein vermietetes Einfamilienhaus bei bisher 1200 Euro, jetzt steigt sie auf 4000 Euro. „Was sollen diese Vermieter ihren Mietern nun sagen?“, fragt Adan. Er betont in diesem Zusammenhang, dass viele Vermieter keine „reichen Großvermieter“ seien, sondern oftmals Menschen, die mit der Vermietung ihre Altersversorgung aufbessern. „Solche Vermieter können die Erhöhungen auch nicht einfach selber tragen.“

Bürgermeister Claus Pommer betont, dass die Handlungsspielräume der Stadt begrenzt seien. „Grundlage für die Steuer ist der Grundsteuermessbetrag, der durch das Finanzamt verbindlich festgelegt wurde. Falls hier Fehler unterlaufen sind, kann nur das Finanzamt diese korrigieren. Ich empfehle daher, sich direkt an das Finanzamt oder an einen Steuerberater zu wenden, um eine weiterführende Auskunft zu erhalten und gegebenenfalls eine Korrektur zu erreichen.“ Ihm sei bewusst, wie belastend diese Situation für einige sei und dass sich viele allein gelassen fühlen. Er sagt aber auch, dass das Einzige, „was wir als Stadtverwaltung machen können, ist, eine Mahnsperre zu setzen, sofern das Finanzamt mitteilt, dass ein Einspruch erfolgreich war und die Änderung zeitnah zugestellt wird. Das bedeutet, dass die Steuerbeträge nicht eingezogen werden. Diese Entscheidung – auf die wir keinen Einfluss haben – liegt ausschließlich beim Finanzamt“.

Fragen, die nicht den Grundsteuermessbetrag betreffen, werden von der Stadt beantwortet. Pommer wirbt um Verständnis, dass aufgrund der hohen Anzahl an Anfragen dies etwas Zeit in Anspruch nehmen könne.

Haus und Grund kritisiert die Situation in Hilden massiv. „Zum einen fordert die Politik bezahlbaren Wohnraum ein. Zum anderen sorgt die Stadt Hilden über teureres Niederschlagswasser, höhere Müllgebühren und jetzt auch noch über höhere Grundsteuerhebesätze für eine enorme zusätzliche Belastung der Mieter“, sagt Adan. Dieser Kritik hat sich der Mieterbund Hilden angeschlossen. „Viele unserer Mitglieder sind sehr besorgt. Die Erhöhung des Hebesatzes ist neben den ohnehin steigenden Lebens- und Nebenkosten für viele nicht mehr zu tragen“, so Geschäftsführerin Funda Altun-Osterholt.

Nach Erhalt des Bescheids haben Eigentümer einen Monat Zeit, um schriftlich Widerspruch einzulegen (also per Post oder Fax – ein Widerspruch per E-Mail ist nicht möglich). Ein Widerspruch gegen den eigentlichen Grundsteuerbescheid hat aber nur selten Aussicht auf Erfolg, da dieser lediglich den neuen Hebesatz und den Grundsteuermessbetrag berücksichtigt, so die Experten von „Finanztipp“. Wenn bereits im Grundsteuerwertbescheid oder Grundsteuermessbescheid Fehler gemacht wurden, sei es für einen Einspruch jetzt zu spät. Und: Die Experten weisen darauf hin, dass ein Widerspruch nicht generell kostenlos sei. Nur wer Recht bekommt, zahlt nichts, im anderen Fall muss der Bürger eine Gebühr bezahlen. Wie hoch diese ist, steht in der Gebührenordnung der Stadt.