Altstadt-Geflüster: Undicht – Villa wird winterfest
An zwei prächtigen Häusern wird gewerkelt. Ferner: Reklame-Ring, lecker Bahnhof & Jazziges.
Kempen. Die denkmalgeschützte ehemalige Verseidag-Villa an der Wiesenstraße 2 am Rande der Altstadt ist eingerüstet. Das Dachgeschoss des 1912 errichteten Hauses wird umgebaut und gleichzeitig die mit Putz-Stuck-Girlanden verzierte Fassade saniert. "Die Ornamente bleiben natürlich, wie sie sind", betont Denkmal-Referent Karl-Josef Schaaff. Die Arbeiten werden vom Kempener Architekten Martin Pastor geleitet. Bei der repräsentativen Unternehmer-Villa mit verschiefertem Mansard-Dach handelt es sich um das einzige Kempener Gebäude im Neo-Rokoko-Stil. Die Villa ist in Privatbesitz.
Ein weiteres eingerüstetes Altstadtgebäude findet sich am Buttermarkt. Am Eckhaus mit der Nummer 20 - in Parterre befindet sich das Haus der Geschenke - wird der Balkon abgedichtet. Das Gebäude im Stil der Gründerzeit trägt auf dem Erker das Erbauungsdatum: 1878/79. Für wen die Villa, die heute Privat-Eigentum ist und von einem Kempener verwaltet wird, erbaut wurde, lässt sich nicht mehr nachweisen. Jedenfalls wollte der Bauherr Eindruck schinden: Mit seinen drei hohen Geschossen und dem steilen Mansard-Dach sticht das Eckhaus unter seinen zweistöckigen Nachbarn hervor. Eine weitere Besonderheit sind die gelb-roten Ziegel und mehrere korinthische Säulenmotive an der Vorderseite. Mitte des letzten Jahres wurden dort schon einmal gewerkelt: Damals gab es neue Fenster.
Ein schöner Zug vom Bahnhof: Dort kann auch der Appetit Station machen. Im Herbst serviert das Café gerne Eintöpfe und andere Löffelkost - wie Erbsen-, Linsen-, Gemüse- oder Gulaschsuppe (für 3,50 Euro mit Brötchen). Köchin Dagmar Hanten sorgt dafür, dass alles lecker mundet. Für Insider ein Geheimtipp: Hantens traditioneller und immer küchenfrischer Kartoffel- oder Nudelsalat (1,50 Euro). Alles auch zum Mitnehmen.
Gut genutzt wurde am Donnerstag vor dem Rathaus am Buttermarkt der Service von Polizei und Stadt, die Räder zu codieren und die Drahtesel einem Winter-Check zu unterziehen. "Die Codierung schreckt Langfinger ab und hilft, gestohle Räder hinterher zu identifizieren", so Kommissar Thomas Mönicks. Kleinere Reparaturen führte Rad Claaßen vor Ort durch.
Am zweispurigen Ring gibt es momentan für die Autofahrer neben der Straßenbeschilderung viel zu lesen. Allein auf dem 400 Meter langen Abschnitt Franziskanerstraße bis Wambrechiesstraße haben vier Organisationen an Laternenmasten plakatiert. Los geht’s auf Höhe Burgring 17 mit der knallorangen Tafel, die auf den morgigen Trödelmarkt bei self hinweist. Am Ärztehaus gegenüber dem Kuhtor folgt das helle Poster der Prinzengarde, die auf ihre Geburtstagsparty am 31. Oktober hinweist. Um das Gedruckte lesen zu können, müssen Autofahrer schon auf die Bremse treten. Am Kuhtor selbst das weiß-blaue Plakat der CDU, die die Info-Fahrt mit dem Bürgermeister ins Gewerbegebiet nächsten Woche Samstag anpreist. Vollends zur Litfasssäule gerät dann der Starenkasten, Möhlenring 71a, wo es mit den bordeauxroten Hundertwasser-Hinweisen losgeht. Den Blitzer-Mast hat auch die Prinzengarde für sich entdeckt, und damit’s nicht so leer aussieht, haben die Orange-Trödler die Laterne nebenan noch zugepappt. Wenn bald noch die neuen chicen Laternen kommen, dürfte das 2200-Meter-Oval vollends in der bunten Welt der Werbung ertrinken . . .
"I Ging ist mehr als ein Orakel- oder Weisheitsbuch. Es beschreibt die Grundlagen des menschlichen Handelns in allen Lebensbereichen." So sieht Hubert Geurts die chinesische Weisheitslehre. Der Kempener, der seit 1991 Seminare in der Führungs-Psychologie leitet und mit seinem Institut an der Engerstraße 23 sitzt, hat ein 270 Seiten dickes Buch über I Ging geschrieben: "Werde der, der Du werden kannst!"
Einen Steinwurf vom I Gong-Institut steht ein Hexenbaum, englisch Witchtree. Der erzählt uns Geschichten von der Schwalbe Benjamin, der Sternschnuppe Nupsi, dem Osterkobold und anderen wunderlichen Figuren. Witchtree - das ist Brigitte Thiemann, die nicht nur ihre Märchen für die Bewohner des von-Broichhausen-Stifts vorliest, sondern im Hospital Fotos präsentiert hat - ganz normale Menschen aus dem Fokus der Poesie. Nun erzählt die 48-Jährige vom Moorenring 31 ihre Geschichten für Kinder: am Dienstag von 14 bis 16 Uhr in der Sparkasse an der Orsaystraße 1 im Rahmen der Knax-Tage. Zwei Tage später werden die Mädchen und Jungen in der Sparkasse Grefrath an den Hexenbaum "gefesselt".
Einer ganz anderen Sache hat sich Theo verschrieben. Kempens Prinz Karneval sammelt. Und zwar alles, was im allgemeinen mit der Narretei und im Besonderen mit kempsche Jeckerei zu tun hat. Da steht er einem anderen Kempener Original, Rolli Wilmen, in nichts nach. "Wir tauschen uns schon mal aus", schmunzelt Seine Tollität. Orden, Kappen, Pritschen, Schmalfilme, Bilder - "bloß nichts wegschmeißen", ruft Theo zum Sammel-Helau auf. Das riecht förmlich nach einem Kempener Karnevals-Museum. Zumindest nach einer Vitrine in der Altstadt, die historisch-närrisch befüllt wird. Wer war beisteuern will - die Narren-Nummer: 02152/6714.
Ganz anders die Sammelleidenschaft von Raymond Monrose (Foto). Der Wirt des Life-Time ist ein großer Kollektor guter Musik. Und so lädt er morgen um 11.30 Uhr vier Hochkaräter in sein Bistro am Buttermarkt 17a: Markus Türk (Trompete), Andre Hasselmann (Schlagzeug), Nils Imhorst (Kontrabass) und Tobias Janssen (Gitarre) spielen Jazziges unter dem Label Once In A Life-Time. Mitte Juni hatte Raymond den letzten Jazz-Frühschoppen gestrichen, weil der Kirmes-Sound nicht zum Musikstil des Quartetts passte. Morgen gibt’s also wieder was Feines auf die Ohren. Eintritt 2,50 Euro. Das nächste Monrose-Konzert schon mal vormerken: 4. November.
Nach dem Jazz-Frühschoppen sollten Sie Ihr Kind morgen an die Hand nehmen und ab ins Kramer-Museum. Dort steht um 14 Uhr eine Führung (3 Euro) durch die Hundertwasser-Ausstellung an, die den Mädchen und Jungen den kindlichen Blick auf die Werke des Wieners freimacht. "Die Kleinen können gerne auch ohne Eltern kommen", sagt Kustodin Doris Morawietz. Na, wenn das kein Grund ist für eine Hundertwasser-Sause im Kulturforum Franziskanerkloster an der Burgstraße 19.
Wann ist eigentlich das letzte Mal St. Martin auf einen Samstag gefallen? Am 10. November 2001! Wie vor sechs Jahren rechnet der Martinsverein auch diesmal damit, dass die Stadt an ihrem höchsten Feiertag noch voller wird, wenn der Tag danach zum Ausruhen einlädt. Die Hotels sind ausgebucht, Spitzböden werden zu Schlafkojen für den Onkel aus USA, After-Zug-Partys werden arrangiert, Gänse gerupft, Fackeln im Fenster drapiert: St. Martin 2007 dürfte wieder alle und alles mobilisieren.
Mitte September moderierte Stefan Verhasselt (42) auf dem Buttermarkt vor dem Café Peerbooms mit drei Bürgermeisterfrauen unter Anleitung von Konditormeister Manfred Oomen eine Pralinen-Vorführung. Den Erlös dieser Aktion, 500 Euro, spendierten Kabarettist und Konditor dem Vorster Medikamenten-Hilfswerk action medeor.
Noch bis Ende des Monats sind in der Sparkasse an der Orsaystraße 1 Schwarz-weiß-Fotos von historischen Kempener Ansichten zu sehen. Der Milchmann, Haus Kilders, das alte Rathaus - Heinz-Wilhelm Wolters hat eine Menge Motive gesammelt, die eine Fundgrube sind, etwas mehr über das städtische Leben der Thomasstadt zu erfahren.
Harry-Potter-Fans haben es schon rot im Kalender stehen. Noch eine Woche, dann erscheint "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" in deutscher Sprache. Die Altstadt-Buchhändler sind gut auf den Ansturm vorbereitet. Wissink an der Burgstraße 6 öffnet - passend zum siebten Teil - um 7.07 Uhr seine Pforten. Zum Lesespaß gibt es Snacks. Auch in der Thomas-Bchhandlung, Burgstraße 28, werden genügend Bücher auf Lager sein, verspricht Roland Simons. Dort geht es zu den normalen Öffnungszeiten los.
Er ist der Mensch, der neben Karl-Heinz Hermans am häufigsten im Altstadt-Geflüster gestanden hat - und das soll auch so bleiben: Ferdi Küsters. Am Montag wird das Original 70 Jahre alt. Ohne Ferdi wäre Kempen ein Stück ärmer. Meist schon von weitem hört man das kräftige Organ des Mannes mit der Mütze, wenn er sich über Wetter, Brände, Unfälle oder Feste auslässt. Ferdi - links eine Grafik von Moses Pankarz - ist ein Phänomen: Wenn der Ur-Kempener bei stahlblauem Himmel sagt: "Et reschnet jleich", dann sollte man sich schleunigst einen Schirm besorgen. Wenn Ferdi meint "Vorhin hat et in Voesch jebrannt", dann schrillen bei der Feuerwehr alle Alarmsignale. Ferdi - ein Mann der Zwischentöne, sensibler Beobachter, Stimme der Altstadt.