Im Paradies für den FC-Fan
Menschen: Der Schaager Jens Heythausen besitzt eine Sammlung von 103 Trikots des 1. FC Köln. Die WZ schickte einen eingefleischten Fan zum Hausbesuch.
Schaag. Ich kann ihn verstehen, diesen Mann, der da vor mir steht. Jens Heythausen (29), schwarzhaarig, Brillen- und Polo-Shirt-Träger, sammelt Trikots - und das in rauen Mengen. Sein Königreich ist klein, verpackt in Koffer und Kartons. Und wenn Heythausen diesen Schatz der 103 Trikots öffnet, leuchten nicht nur seine Augen. Auf ein paar Kubikmetern liegt, sorgsam gefaltet, das Paradies für jeden, der Fan eines ganz bestimmten Vereins ist: des 1. FC Köln. Ich selbst gehöre zu dieser leidensfähigen und von vielen (nicht ganz zu Unrecht) oftmals verspotteten Runde. Und wie immer, wenn das Leid am größten ist (der FC hat tags zuvor wieder mal demonstriert, wie man Fußball ohne Abwehr spielt), blickt man wehmütig auf die glorreichen Zeiten zurück. Da bin ich bei Jens Heythausen in Schaag genau richtig.
Sogleich offenbart er mir ein Schmuckstück seiner Sammlung: ein Original-Trikot des FC aus der Saison 1985/86 - jenem Jahr, in dem der Verein das Uefa-Cup-Finale erreichte. "War nicht einfach zu bekommen", sagt Heyt-hausen. Und auch nicht ganz billig. "Für alte Trikots bezahlt man schon mal bis zu 200 Euro." Dass ihn manche für verrückt halten, gerade in einer Gegend, in der viele die Raute der Gladbacher Borussia im Herzen tragen, stört ihn nicht: "Damit komme ich schon klar."
Tatsächlich, es hat sie gegeben diese Zeiten, in denen Köln erfolgreiche Fußball-Stadt war. Die alten Trikots sind stumme Zeugen dieser Zeit. Dafür kann Jens Heythausen, der in seiner Freizeit bei Union Nettetal II das Bezirksliga-Tor hütet, viel über sie erzählen, beispielsweise über einen Dress aus den 70er-Jahren. "Das ist von der Marke ,Le coq sportif’, sehr selten. Damit hat der FC oben mit gespielt." Lang, lang ist’s her. Doch auch die dunklen Kapitel der jüngeren Geschichte der regelmäßigen Abstiege sind in Baumwolle und Polyester verewigt, "die gehören eben auch dazu." Auch wenn’s weh tut.
Heythausens Sammel-Leidenschaft begann vor gut 20 Jahren. "Da lag zum ersten Mal ein FC-Trikot unterm Weihnachtsbaum. Seitdem gab’s jedes Jahr ein neues. Mindestens." Was für einen echten Fan noch halbwegs normal ist. Erst vor gut vier Jahren begann der Steuerfachangestellte, seine Kollektion zu erweitern. "Von heute auf morgen", wie er sagt. "Ich wollte einfach auch außergewöhnliche Trikots haben." Mission erfüllt! Der 29-Jährige hat nicht nur die üblichen Saison-Trikots: Manche sind signiert, haben ungewöhnliche Farben, manche sind von Spielern getragen, andere sind Exemplare von Jugend- oder Amateurteams, außerdem Torwart-Trikots.
Woher er dieses El Dorado der Leibchen hat? "Von Ebay", sagt er. Im Internet-Auktionshaus war er eine Zeit lang regelmäßig zu Gast. Mittlerweile sind seine Käufe seltener geworden. "Meine Frau Julia und ich bauen gerade in Schaag ein Haus. Da würde sie mir was erzählen", lacht Heyt-hausen. So ist das eben mit uns Fans: Nicht jeder versteht uns.
Historie Dass der 1. FC Köln zu den beliebtesten Vereinen Deutschlands gehört, hat weniger mit der aktuellen sportlichen Situation zu tun. Bis zum ersten Abstieg 1998 war der FC hinter Bayern München die (nach Punkten) erfolgreichste Bundesliga-Mannschaft, drei Mal Deutscher Meister, vier Mal Pokalsieger. Wenn FC-Fans in Erinnerungen schwelgen, kommen ihnen unweigerlich Namen wie Schäfer, Overath, Flohe, Simmet, Weber, Müller, Schumacher oder Littbarski in den Sinn. So lang das auch her ist: Die Zuneigung für den Klub ist heute größer denn je - trotz Mittelmaß in der Zweiten Liga.
Sammlung Kaum jemand hat mehr FC-Trikots als Jens Heythausen. Seit kurzem steht er in Kontakt mit einem Sammler aus Würzburg, der gar 124 Leibchen sein Eigen nennt. Ein anderer "Kollege" hat etwa 70.