Expedition: Aufbruch zum Chagolisa

Michael Köhler bricht am 21. Juni zu einer neuen Bergtour auf. Ziel ist ein Gipfel in der Nähe des K2.

Willich. Noch sitzt Michael Köhler (43) in seinem Wohnzimmer. Mitten im Raum steht der Flügel des Pianisten, an den Wänden hängen Fotos von Bergen, Gletschern, Seilbahnen.

"Wie viele Berge ich schon bezwungen habe, weiß ich nicht genau. Einige hundert, vielleicht auch Tausend", erzählt der Extrembergsteiger, als wäre es das Normalste der Welt. In die Alpen fährt er nur, um sich an den "Hügeln" fit zu halten. Denn auf die richtig großen Berge kommt es ihm an.

Etwa einmal im Jahr unternimmt Köhler zusammen mit seinem Freund Jörg Stingl eine größere Tour: Chile, Peru oder die Antarktis - der Willicher hat schon so manchen exotischen Berg bestiegen. Am 21. Juni geht es wieder los: Der Chagolisa ruft. Das ist ein 7655 Meter hoher Riese im Karakorum-Gebirge an der Grenze zwischen Pakistan und China. Bekannt ist die Gegend vor allem durch den K2, den zweithöchsten Berg der Erde.

Doch an dem reizt Michael Köhler nichts: "Das ist alles zu sehr kommerzialisiert", sagt er. Denn gerade durch seinen Bekanntheitsgrad ist der K2 ein attraktives Ziel für Touristen - also nichts für echte Extrembergsteiger. So ist es nicht verwunderlich, dass man unter Köhlers Bergabenteuern Erfolge wie den K2 oder den Mount Everest vergeblich sucht.

Im Moment hat er ein halbes Jahr Vorbereitungszeit hinter sich. Auch der größte Teil der Ausrüstung ist schon per Frachtmaschine in Pakistan angekommen. Die eigentliche Expedition wird achteinhalb Wochen dauern. "Das ist ziemlich kurz für diese Tour", erklärt Köhler.

Denn nach der Ankunft am Flughafen steht den Abenteurern noch eine weite Reise zum Fuß des Gipfels bevor: Auf zwei Tage Fahrt im Bus folgen sieben Tage Fußmarsch über einen Gletscher. Erst dann werden sie das Basislager erreicht haben und können, vorausgesetzt das Wetter spielt mit, den Aufstieg wagen.

"Aufgeregt bin ich nicht", sagt Köhler. Über die Besteigung mache er sich keine Sorgen. Als alter Hase sieht er die größten Gefahren woanders, zum Beispiel in der Politik. Die angespannte Lage in der Grenzregion könne Probleme verursachen. "Bis zum Basislager begleitet uns sogar ein Armeeoffizier." Der soll kontrollieren, ob die Bergsteiger auch wirklich die gebuchte Route klettern. Denn allein die Erlaubnis ("Permit") dazu kostet schon mal 1000 Euro - umso mehr, je bekannter der Berg ist.

Wenn Köhler im August wieder nach Willich zurückkehrt, steht für ihn die Planung der nächsten Bergtour an. Denn eine längere Pause könne er sich nicht erlauben, allein schon der Fitness wegen. Die ist Pflicht für eine erfolgreiche Expedition.

So läuft Köhler jeden Tag 20 Kilometer im T-Shirt - selbst im Winter. "Um den Körper abzuhärten." Das macht ihm nichts aus, denn erfahrungsgemäß wird es in 8000 Metern Höhe um einiges kälter als im Willicher Winter.