Baumfällungen im Garten im Kreis Viersen Entrüstung über Rodungen in Gärten

Kreis Viersen · Immer wieder sorgen Rodungen in Gärten während der Schutzzeit für Ärger und Frust bei Naturschutzbehörde und Nabu. Die Verantwortlichen betonen, das Rodungen und starke Schnitte von März bis September verboten sind.

Immer wieder sorgen gefällte Bäume in Gärten für Ärger bei Nabu und Naturschutzbehörde.

Foto: Achim Blazy (abz)

Für große Entrüstung sorgen immer wieder Fälle, in denen Bürger während der Brut- und Setzzeit große Rodungsarbeiten in ihren Gärten ausführen. Dies ist nach  Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetz verboten. Trotzdem kommt es immer wieder vor. Ein besonders dreister Fall in Willich sorgte in den vergangenen Tagen für Aufregung beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der Abteilung Natur und Landschaft, Jagd und Fischerei (landläufig bekannt als Untere Naturschutzbehörde) des Kreises Viersen und sogar bei Bürgermeister Christian Pakusch persönlich.

Die Ereignisse beschreibt Monica Sandrock vom Nabu: „Ein Haus mit sehr schön gestaltetem, naturnahem Garten wurde verkauft. Der Garten war uns bekannt, und wir haben ihn sogar mit Igel-Kästen ausgestattet. Viele Nisthilfen hingen in den Bäumen, und er war insgesamt ökologisch sehr wertvoll. Der Käufer sah das offenbar anders und setzte in der Osterwoche zu einem Radikalschnitt durch ein Gartenbauunternehmen an. Anwohner verständigten uns, und wir waren zeitnah mit Polizei und Stadt vor Ort. Die Arbeiten wurden mit Verweis auf das Bundesnaturschutzgesetz untersagt. Sogar Bürgermeister Pakusch selbst schaltete sich ein. Der Besitzer sah das aber nicht ein und wenige Tage später vollendete er die Arbeiten trotz ausdrücklichen Verbots. Aus unserer Sicht ist das eine Katastrophe“, sagt sie.

Für die Abteilung Natur und Landschaft war Mitarbeiterin Monika Deventer vor Ort. Sie erzählt: „Ordnungsrechtlich liegen solche Verstöße – solange nicht beispielsweise streng geschützte Tierarten betroffen sind – nicht im ,strafbaren‘ Bereich. Der Bußgeldrahmen bewegt sich zwischen 500 und 50.000 Euro.“ Welche Geldbuße den Sünder nun erwartet, dazu kann sie keine Angaben machen. „Leider sind die Bußgeldvorschriften sehr komplex – relevant sind im Einzelfall die Größe der Fläche und der ökologische Wert. Ich bin vor allem für die naturschutzfachliche Seite verantwortlich, zum Beispiel die zeitnahe Dokumentation. Das Ordnungsrechtliche ist nicht mein Fachgebiet – der zuständige Sachbearbeiter befindet sich gerade im Osterurlaub“, erläutert sie.

Eigentümer beruft sich
auf Unkenntnis

Nach derzeitigen Erkenntnissen sei der Eigentümer des Grundstücks auch der Inhaber der ausführenden Gartenbaufirma. In einer Stellungnahme berufe er sich auf Unkenntnis, was Nabu und Verwaltung als unglaubwürdig ansehen. Für den Nabu ist genau diese Undurchsichtigkeit der Strafen ein großes Problem. „Man gewinnt leider oft den Eindruck, dass die Strafmaße kaum durchgesetzt werden, vielleicht auch wegen dieser schwierigen Gemengelage und komplizierten Gesetze. Wir erleben all zu oft, dass Menschen mit solchen Freveln ungeschoren davonkommen. Dagegen wollen wir nun verstärkt vorgehen“, betont sie.

Arbeiten an Büschen und Bäumen oder Hecken zwischen März und September könnten ganze Gelege ruinieren. Außerdem lasse sich der ökologische Wert kaum zeitnah wiederherstellen. „Auch wenn ich für einen gefällten, alten Baum drei neue pflanze, den Wert wieder zu erreichen, dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Und wir leben in einer Zeit, in der wir für jeden einzelnen Baum kämpfen. Nicht nur hinsichtlich der Biodiversitätskrise, sondern auch für das Mikroklima gerade in Städten. Viele Menschen sind hier aus unserer Sicht viel zu sorglos“, betont sie. Dass ein Radikalschnitt außerhalb der Schutzzeit straffrei möglich ist, ist den Naturschützern schon an sich ein Dorn im Auge. „Leider hat Willich keine Baumschutzsatzung. Damit darf im Spätherbst und Winter fast alles straffrei gemacht werden. Das gehört dringend geändert. Wenn es dann aber sogar während der Schutzzeit passiert, ist es umso katastrophaler“, betont Sandrock. Ihr Mann Jack, seit über 20 Jahren Vorsitzender des Nabu in Willich, stimmt zu. „Leider erleben wir solche Vorgänge in zunehmendem Maße. Es sorgt schon für eine gewisse Hilflosigkeit und Frust“, sagt er.

Zumal es für die Vorbesitzer ein großer Vertrauensbruch sei. „Wir hatten auch einen Fall, in dem ein 80 Jahre altes Nabu-Mitglied aus Altersgründen sein Haus mit tollem Naturgarten verkaufen musste. Der Käufer spielte speziell für den Garten große Begeisterung vor, und eine Woche später wurde alles mit Baggern herausgerissen. Der Vorbesitzer ist geschockt und sagt, er könne für den Rest seines Lebens nicht mehr am Haus vorbei gehen – den Anblick würde er nicht ertragen“, erzählt Monica Sandrock.

Alle Beteiligten betonen das strenge Verbot von Schnitten im Frühjahr und Sommer. „Es gibt wenige Ausnahmetatbestände für schonende Form- und Pflegeschnitte oder zur Verkehrssicherung. Aber generell ist die Faustregel einfach: Kein Schnitt irgendwelcher Art von 1. März bis 30. September“, betont Deventer. Die Stadt Willich beabsichtigt, hier verstärkt zu unterstützen, wie auch Sprecher Michael Pluschke in Vertretung Pakuschs betont. „Das Thema liegt uns sehr am Herzen, und wir haben es auf der Agenda“, betont er. Naturschutz fange auch und besonders im Kleinen an.