Langes Warten auf Strom

Wechsel: Seit elf Monaten wartet der St. Töniser Lutz Neidereck, dass sein neuer Versorger endlich liefert.

St. Tönis. Den Energiepreisen ein Schnippchen schlagen, den Stromanbieter wechseln - ganz einfach und unbürokratisch. Das, und nichts anderes, hatte der St. Töniser Lutz Neiderek vor. Deshalb hatte er sorgfältig verglichen, ein wenig recherchiert und sich dann für die Firma Flexstrom entschieden. Das war im August vergangenen Jahres. Wenn Lutz Neiderek heute daran denkt, wie die Geschichte gelaufen ist, trifft ihn fast der Schlag. Allerdings nicht der elektrische. Denn Strom hat Flexstrom bisher nicht geliefert.

Der Reihe nach: Die St.Töniser Familie schließt am 16. August 2007 den Vertrag mit dem Berliner Unternehmen ab. 615,52 Euro kostet das für ein Jahr, eine erhebliche Ersparnis gegenüber seinem bisherigen Anbieter, die Stadtwerke Tönisvorst.

"Das Risiko, im Voraus zu bezahlen, habe ich in Kauf genommen", erzählt der 61-Jährige. Die Gefahr, dass Flexstrom in die Knie gehen könnte, habe er nicht für besonders groß erachtet. Alle Formalitäten würden erledigt, versicherte sein neuer Stromlieferant.

Dann ging alles seinen normalen Gang, dachte jedenfalls Lutz Neiderek. Bis er Post bekam. Nicht von Flexstrom, sondern von den Stadtwerken. "Bis heute erfolgte keine Anmeldung zur Netznutzung durch ihren neuen Lieferanten", teilten diese ihm mit. Weswegen sie erklärten, die Grund- und Ersatzversorgung zu übernehmen. Was allerdings für den Kunden eine unangenehme Nebenwirkung hat: es wird teurer.

Neiderek wandte sich an Flexstrom. Man kümmere sich, hieß postwendend die Anwort. Das war am 1. Oktober. Nach einer Woche kümmern mailte Neiderek seinen neuen Versorger erneut an. Man kümmere sich, hieß die Antwort. Und: "Bitte haben Sie Verständnis, wenn dies aufgrund des großen Interesses einige Tage in Anspruch nimmt." Nach einigen weiteren Tagen des Kümmerns schrieb der nun schon vom Kummer gebeutelte St. Töniser an die Geschäftsführung von Flexstrom.

Flexstrom, Anbieter von Elektrizität

Unterdessen meldete sich das Kundencenter von Flexstrom: Man habe die Kündigung beim Vorversorger und die Anmeldung zur Netznutzung stes fristgerecht eingereicht. Es habe keine Rückmeldung gegeben.

Ähnlich fiel die Antwort des "Service-Teams" aus, das offenbar von der Geschäftsführung "geweckt" worden war. Jetzt könne man alle Formalitäten vornehmen. Am 1.Februar sei es mit dem Strom soweit. Ein konkretes Jahr wurde nicht benannt. Am 18.März wunderte sich Lutz Neiderek, dass er immer noch keine Elektrizität von Flexstrom bekam. Man werde die Anmeldung wiederholen, hieß es. Zum 1. Mai könne es losgehen.

Es gab wieder Post, mal wieder von den Stadtwerken. Eine Anmeldung zur Netznutzung sei erfolgt, eine Kündigung des bisherigen Vertrages aber nicht. Weswegen die Stadtwerke die Grundversorgung nun übernähmen.

Neiderek wurde massiver, drohte mit dem Anwalt und einer Klage. Alles half nichts. Vorsichtshalber baute Flexstrom allerdings schon mal vor: "Sollten Sie von uns zwischenzeitlich eine Mahnung erhalten haben, ist dies durch einen Systemfehler bedingt, wofür wir uns entschuldigen."

"Ich will den Strom nun bekommen", sagt Neiderek. Das gleiche Paket, für das er 615,15 bezahlt hat, würde er derzeit für 737,65 Euro bekommen. Deshalb sehe er auch keinen Grund darin, vom Vertrag zurückzutreten. Das könnte er sofort und problemlos tun. "Hinter der Vorgehensweise scheint System zu stecken." Offenbar werde die vorausgezahlte Gebühr gewinnbringend angelegt.

Wo liegt der Fehler? Beide Seiten betonen, sie hätten alles richtig gemacht. Die Kündigung und der Bescheid beim Netzbetreiber. Das sei Rhein-Energie, sagt die Flexstrom-Pressestelle. Hier liegt eine mögliche Erklärung: Netzbetreiber ist nämlich die Firma RWE Rhein-Ruhr.