Wie auf einer Zeitreise

Im denkmalgeschützten Ramshof gibt’s einiges zu entdecken: Zum Beispiel eine Jauchegrube die zum Weinkeller mutierte.

Neersen. Beim Überschreiten der Schwelle setzt das Gefühl einer Zeitreise ein. Alte Fachwerkwände, bestehend aus dunklen Balken und weißem Putz, Fensterchen mit Butzenscheiben, niedrige Türen, ein mächtiger gemauerter Kamin in dem alte Bestecke samt eines Eisentopfes hängen - Geschichte pur. Und genau die hat die Familie Stieger jeden Tag, ohne dafür in eine Freilichtmuseum fahren zu müssen. Sie leben im denkmalgeschützten Ramshof in Neersen.

Mit dem hat es eine ganz besondere Bewandtnis. "Er gehörte einst meinen Großeltern, die ihn auch landwirtschaftlich führten. Mein Vater ist noch hier geboren worden, aber Anfang der 30er Jahre wurde der Hof verkauft", erzählt Leo Stieger.

Ihm selbst gelang es in den 80er Jahren, den Hof zurück zu kaufen. Allerdings präsentierten sich Wohnhaus und Scheune in einem heruntergekommenen Zustand. Doch die Motivation, dass sich die Anlage wieder in Familienbesitz befand, war Antrieb für Stieger, an das schwierige Objekt heran zu gehen. "Außerdem war ich nicht fremd in der Materie. In Schiefbahn hatte ich bereits ein denkmalgeschütztes Haus restauriert."

Leo Stieger über die Restaurationsarbeiten

Das Material für die Restauration zu beschaffen, stellte sich als eine der komplizierteren Aufgaben heraus. Stieger durchkreuzte den halben Niederrhein, um alten Klinker zu besorgen. "Ich habe Steine geklopft wie eine Trümmerfrau", erinnert er sich. Auf der Jagd nach alten Balken half Stieger sogar bei Abrissen mit - im Gegenzug gab’s dann die gewünschten Balken.

Im Haus selbst wartete auch so manche Überraschung auf den Bauherrn. Beim Abbruch eines Einbauschrankes kam der alte Kamin zum Vorschein und die alte, noch gefüllte Jauchegrube inspirierte Stieger zu etwas ganz besonderem. Sie wurde nach viel Arbeit zum Weinkeller.

"Wir betätigten uns wie die Berliner Tunnelgräber und legten die Grube tiefer, um sie auf Kopfhöhe zu bringen." Heute lieben es die Hotelgäste, in diesem urigen Gewölbekeller bei Kerzenlicht und einem Gläschen Wein zu entspannen. In der ehemaligen Scheune entstanden die Hotelzimmer. "In Nummer 14 lebten noch bis zum Umbau die Schweine Jakobine und Josefa", schmunzelt Henriette Stieger. An die Tiere erinnern heute nur noch die alten Tröge, die vor dem Wohnhaus liebevoll mit Blumen bepflanzt stehen.

"Wir selbst wohnen quasi im Kuhstall", lacht Sohn Matthias. Wo die Stiegers ihren eigenen Wohnraum haben, war früher einmal die Tenne und da standen neben Stroh und Heu die Kühe. Über vier Jahre restaurierte die Familie den Hof. 1988 war es dann soweit, sie zogen in ihr rheinisches Hallenhaus und eröffneten das Landgut Ramshof.