Neersen: Ein wahrhaft böser Bursche
„Räuber Hotzenplotz“ feierte Premiere. Eine Kritik aus dem Kinder-Blickwinkel.
Neersen. Sapperlot, kann der Kerl unheimlich mit den Augen rollen. Dieser Räuber Hotzenplotz ist wahrlich ein böser Bursche. Sogar der armen Großmutter hat er ohne Mitleid die schöne neue Kaffeemühle gestohlen. Kann es da ein Mensch dem Wachtmeister Dimpfelmoser verdenken, dass der so gar keine Lust verspürt, im dunklen Wald nach Hotzenplotz zu suchen? Und wären da nicht der pfiffige Kasperl und sein treuer Freund Seppel gewesen, ja dann würde der Räuber sicher heute noch grinsend vor seiner Höhle sitzen und auf der Kaffeemühle "Alles neu macht der Mai" spielen. Es handelt sich nämlich um eine sehr musikalische Kaffeemühle.
Doch ich will euch nicht zu viel verraten, liebe Kinder. Schließlich könnt ihr die ganze spannende Geschichte selbst erleben. Wo, wollt ihr wissen? Na, vor dem Schloss in Neersen natürlich. Dort sind doch wieder die Schauspieler eingetroffen und spielen unter freiem Himmel die tollsten Stücke.
Tapfere und fleißige Schauspieler sind das. Selbst bei so schrecklich nassem und kaltem Wetter wie am vergangenen Samstag machen die munter weiter. Eine von ihnen war ganz plötzlich krank geworden, doch das Stück, das wurde trotzdem gezeigt: Die Verena Held, die schon die Unke und die Fee spielen sollte, hat einfach noch die Rolle der Großmutter übernommen. Außerdem machen die Schauspieler noch ganz doll Musik: Der Hartmut Scheyhing zum Beispiel, der mit seinen langen dünnen Armen und Beinen prächtig den bösen Zauberer Zwackelmann spielt, kann auch wunderbar auf dem Akkordeon musizieren.
Außerdem wird ganz viel gerasselt und gepfiffen, getrommelt und geflötet. Warum? Na, weil alles, was auf der Bühne passiert, von Geräuschen begleitet wird! Wenn der Hotzenplotz etwa die Pfefferpistole abfeuert, dann sorgt eine Trommel für den Knall.
Auch singen können die Schauspieler, ich sag’ es euch! Tri-tra-trullala schmettern die schon am Anfang im mehrstimmigen Chor, ganz so wie im Kasperletheater. Überhaupt, was sich der Reinhardt Friese - das ist der Regisseur, müsst ihr wissen - da ausgedacht hat, hat ganz viel mit dem guten alten Kasperletheater zu tun. Die Bühne, die besteht eigentlich nur aus zwei roten Vorhängen rechts und links und einer langen Stoffbahn, die mal als Höhle, mal als Schloss des Zauberers dient. Und wenn eine knorrige alte Eiche zu sehen sein soll, na, dann taucht der Jürgen Hoppe, der sonst den Wachtmeister spielt, mit zwei Ästen in der Hand auf, schaut grimmig drein - und zieht beleidigt wieder ab, wenn ihm der Räuber einen der Äste klaut.
So tolle Gags gibt es ganz oft. Am tollsten aber ist es, wenn am Anfang und am Ende über der Stoffbahn die Kaukautzkis auftauchen. Das sind so komische Puppen, die sich die Schauspieler wie eine Schürze umhängen. Deren Köpfe und Arme sind noch echt, darunter aber hängen ein kleiner Körper und ganz winzige Puppen-Beine. Das sieht dann total witzig aus, wenn etwa die Großmutter in Ohnmacht fällt und diese winzigen Beine über der Stoffbahn hängen. Ich sage euch: Die Silke von Patay, die Puppen und alles andere gebastelt hat, die hat wirklich was drauf.
Tja, was soll ich weiter sagen. Der Räuber Hotzenplotz - Wolf-Guido Grasenick hat mir in der Rolle gut gefallen - ist schon ein tolles Stück. Am besten, ihr kommt vorbei und schaut es euch selbst einmal an. Und eure Eltern, die dürft ihr gerne mitbringen.