Dormagen: Tierschicksal - Kessys Reise über den Rhein

Der kleine Ausreißer Kessy aus Düsseldorf streunte wochenlang durch Dormagen.

Dormagen/Düsseldorf. Kessys Geschichte klingt wie aus einem Film oder ein Roman. Sie handelt von dem Abenteuer eines kleinen Hundes, das zu Herzen geht und bei dem man bis kurz vor Schluss auf ein Happy End hofft. Doch die Geschichte hat nicht irgendein Autor erfunden, sie ist wirklich passiert. Sie beginnt am 24. August dieses Jahres.

An jenem Tag gibt die Düsseldorfer Rentnerin Karla Witzel ihre Hündin Kessy in die Obhut von Tochter Martina (43) und Enkelin Jessika (19). Sie sollen ein paar Stunden auf ihren Liebling aufpassen. In Düsseldorf-Benrath wollen die beiden mit dem siebenjährigen Hund spazieren gehen. Als sie den Vierbeiner aus dem Auto holen, gerät das scheue Tier plötzlich in Panik, reißt sich los und läuft davon.

Eine fieberhafte Suche nach der braun-weiß gescheckten Hündin beginnt. Wochenlang durchforsten Karla Witzel und ihre Familie und Freunde die Gegend, verteilen Zettel und Fotos. "Ich hatte solche Angst um Kessy. Sie ist doch so ängstlich und lässt sich von kaum jemandem außer mir streicheln. Mein mittlerweile verstorbener Mann und ich haben sie vor fünf Jahren aus einem Tierheim in Taiwan gerettet", erzählt Karla Witzel.

Mehr als fünf Wochen lang bleibt Kessy wie vom Erdboden verschluckt. Was Witzel nicht ahnt: Auf der anderen Seite des Rheins ist ein ganzer Ort in heller Aufregung wegen eines streunenden Hundes. Seit Wochen beobachten die Menschen in Zons das zierliche Tier, das verängstigt durch die Gegend läuft.

"Es kam vor allem nachts und in der Dämmerung in die Nähe der Häuser und suchte nach Futter", erinnert sich die Zonser Tierfreundin Anita Rose-Schrills. Gemeinsam mit anderen Zonsern versucht sie, das Tier einzufangen, jedoch ohne Erfolg.

"Von Tag zu Tag sah der Hund dünner und struppiger aus, wirkte immer erschöpfter und fing an, zu humpeln", so die 48-jährige Inhaberin eines Fliesengeschäfts. Rose-Schrills weiß: Es muss etwas passieren. "Wir stellten eine Lebendfalle auf. So fingen wir den Hund", sagt sie.

Am Halsband des Tieres steht ein Name. Es ist Kessy. Anita Rose-Schrills findet auch eine Telefonnummer. Sie wählt. Am anderen Ende meldet sich Karla Witzel. "Ich fragte nur: Haben Sie einen Hund? Das Schluchzen am anderen Ende sagte mir dann alles", erinnert sich Rose-Schrills.

Die Wiedersehensfreude von Kessy und ihrem Frauchen teilen unzählige Menschen. "Wir alle standen gerührt um die beiden herum. Wir konnten ja nicht ahnen, dass Kessy jenseits des Rheins vermisst wird", so Rose-Schrills.

Noch heute ist es für alle ein Rätsel, wie Kessy von Düsseldorf über den Rhein nach Zons gelangen konnte. "Sie muss irgendwie auf die Fähre gekommen sein. Der Weg über die Brücke wäre zu weit gewesen", glaubt Karla Witzel und drückt ihre Kessy fest an sich.