Neue Betriebsstätte der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss Millioneninvestition an der „Automeile“
Neuss · Im Gewerbegebiet Am Krausenbaum richteten die GWN vor gut einem halben Jahrhundert ihre erste Betriebsstätte ein. Die ist ein Sanierungsfall. Auf der Suche nach einer Alternative wurde das Inklusionsunternehmen bei einem alten Autohaus fündig.
Ein Masterplan sah vor Jahren die Etablierung der Hammer Landstraße als „Automeile“ vor. Geblieben davon sind zwischen der ehemaligen Rennbahn und dem Willy-Brandt-Ring BMW Timmermanns, das Multi-Marken-Haus von Herbrand-Jansen und ein ehemals zur Autohausgruppe Moll gehörender Salon. Dort bietet der Autoverleih Arndt Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller an, kann das aber nur noch bis zum Herbst nächsten Jahres tun. Denn die Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN) sind seit Anfang des Jahres Besitzer der Immobilie und wollen das Autohaus nach Auslaufen von Arndts Mietvertrag zu einer Betriebsstätte mit Modellcharakter verwandeln. Dafür investieren die Werkstätten einen Betrag im hohen einstelligen Millionenbereich.
Ehemalige Autohäuser passen per se ins Suchschema von Unternehmen wie den GWN, berichtet Axel Fischer. „Weil alles ebenerdig ist“, wie der Architekt und GWN-Immobilienmanager hinzufügt. Denn so lässt sich leicht die geforderte Barrierefreiheit herstellen. Auch aus diesem Grund richteten die GWN ihre erste von derzeit fünf externen Betriebsstätten in einem ehemaligen Fiat-Autohandel Am Krausenbaum, an der Ecke zum Holzheimer Weg, ein. Gut 50 Jahre ist das jetzt her und die Werkstatt, in der sogar im Keller Arbeitsplätze eingerichtet werden mussten, ist sowohl Sanierungsfall als auch nicht mehr zeitgemäß.
Ersatz sollte zunächst in einem Neubau an gleicher Stelle geschaffen werden, berichtet Fischer. Bis zur Bauantragsreife habe man das Verfahren betrieben, dann explodierten in Folge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges die Baupreise. Weil man zudem nicht recht wusste, wo die gut 130 Mitarbeiter während der eineinhalbjährigen Bauphase ihrer Arbeit nachgehen können, wurde schon Mitte 2022 das Neubauvorhaben abgesagt. Ein Plan B musste her.
Während man zu dessen Vorbereitung noch an einer Immobilienstrategie arbeitete, die alle GWN-Standorte in den Blick nahm, fiel den GWN-Verantwortlichen in der Zentrale „An der Hammer Brücke“ im Frühjahr 2023 das damals leer stehende ehemalige Autohaus Moll ins Auge. Der Eigentümer wurde angesprochen, die Liegenschaft sorgfältig geprüft und für gut befunden – und Ende 2024 gekauft.
„Mit der Investition in den neuen Standort bringen wir die GWN näher ins Zentrum von Neuss“, nennt GWN-Geschäftsführer Guido Severin ein zentrales Argument für die Entscheidung. „Wir stellen uns für die Zukunft auf und gestalten so eine moderne und zeitgemäße Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeitenden“, fügt er hinzu. Davon profitieren zunächst und vor allem die 130 meist an einer psychischen Erkrankungen leidenden Mitarbeiter, die Am Krausenbaum derzeit in der Metallbearbeitung und Elektromontage tätig sind.
Indirekt profitiert aber das ganze Unternehmen von diesem Schritt. Denn die Betriebsstätten, die die GWN im Laufe der Jahre einrichten konnte, liegen alle mehr oder weniger versteckt in Gewerbegebieten. Mit dem Einzug am Standort Hammer Landstraße aber werde das Unternehmen, wie es in einer am Mittwoch verbreiteten Mitarbeiter-Info heißt, „endlich sichtbar“ – und zwar an einer der wichtigsten Einfallstraßen in die Stadt und in guter Lage.
Die definiert Fischer nicht nur durch die Innenstadtnähe, sondern auch über die Nachbarschaft zum Landesgartenschaugelände auf der anderen Straßenseite, das ja als Bürgerpark langfristig erhalten bleibt. Ob die GWN während der Laga-Monate, die ja noch vor ihrem Umzug liegen, am neuen Standort eine optische Marke setzen, ist noch nicht entschieden.
Genauso offen ist die Frage, was 2027 aus der Betriebsstätte Am Krausenbaum wird. Zwei Optionen stehen im Raum: Entweder findet sich intern ein neuer Nutzungszweck, oder sie wird vermarktet. Die Grenzen dafür sind aber eng gesteckt, denn noch ist die Fläche als Gewerbegebiet gewidmet. Wohnungsbau scheidet demnach erst einmal aus.