Neuss: Auf der Spur der Powerfrauen

Schnuppertag: Im Stadtarchiv lernten 29 Schülerinnen der Mildred-Scheel-Realschule die Geschichte der Frauen in Neuss kennen.

Neuss. "Fleißiges Mädchen vom Lande gesucht" - so steht es in alter Schrift in einer Zeitung im Stadtarchiv aus dem frühen 19.Jahrhundert geschrieben. Annoncen dieser Art finden sich zuhauf und zeigen ein Abbild der Anforderungen an frühere Dienstmädchen: "Beugsam, fleißig, brav", fasst die 14-jährige Nicole zusammen und rümpft die Nase: "Wünsche nach solchen Eigenschaften würde heute niemand mehr äußern."

Mit dem Besuch des Stadtarchivs hat die Referendarin Ulrike Schütte für 29Schülerinnen der Mildred-Scheel-Realschule ein interessantes Kapitel aufgeschlagen. Zum Thema "Frauenarbeit in der Geschichte der Stadt Neuss" forschten die Mädchen des neunten Jahrgangs jetzt eigenständig im Hinblick auf Partizipationsmöglichkeiten von Frauen.

Amira (14) ist froh, nicht zu jener Zeit gelebt zu haben, als ein Dienstmädchen noch vieles mehr als heute leisten musste: "Für einen Lohn von 150 Mark mussten sie den Haushalt pflegen, kochen, waschen und die Kinder betreuen. Auch die Tiere mussten versorgt, Milch gemolken werden. Sicher waren die Frauen von früh bis spätabends im Dienst." Interessiert beugen sich die Neuntklässlerinnen über die alten Dokumente. "Die Geschichte auf diese Art kennenzulernen, ist viel glaubwürdiger, als sie in Büchern zu lesen", findet Jennifer.

Ulrike Schütt ist begeistert von den Rückmeldungen ihrer Schülerinnen: "Der Tag läuft besser ab als erwartet. Es ist aber auch viel spannender, reale Zeugnisse auszuwerten. So wird Geschichte erlebbar, die Zusammenhänge der Frauenbewegung lassen sich besser verstehen."

Dass Frauen ihre Freiheit nach und nach eroberten, beweisen die Forschungsergebnisse von Annika und Sonja: "Katharina von Kardorff war so eine Frau. Sie hat den damaligen Gepflogenheiten getrotzt und viermal geheiratet. Außerdem war sie eine der ersten Frauen im Reichstag." Eine Frau unter den "Herren Abgeordneten" war 1920 eine Seltenheit.

Doch es finden sich weitere "Powerfrauen", wie Sonja (16) die frühen Emanzipierten nennt, in der Neusser Geschichte: "Johanna Etienne baute selbstständig ein Krankenhaus auf. Das war sehr mutig. Sie musste sie sich gegen Männer behaupten und Ängste aushalten, nicht anerkannt zu werden", meint Sarat (15) und resümiert: "Heute ist das zum Glück anders. Frauen gehen ihren Weg und die Rollen sind austauschbar. Ein Mann kann Koch werden, eine Frau Ingenieurin. Gut, dass sich die Geschichte so entwickelt hat."