Neuss: „Neu-Start“: Rückkehr in den Beruf ist geglückt
Wiedereinstieg mit über 50 Jahren: 39 der 71 Projektteilnehmer haben wieder Jobs.
Rhein-Kreis Neuss. Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass Margit Scholz ein Praktikum im ambulanten Dienst begann. Nach vier Jahren Arbeitslosigkeit war es für die 58-jährige Neusserin ein Neuanfang - und vielleicht die letzte Chance, in die Berufswelt zurückzukehren.
Jahrzehntelang war sie selbstständig, hatte ein Blumengeschäft in Düsseldorf, war zehn Jahre lang Gastronomin in Spanien, Filialleiterin einer Bäckerei. Schließlich pflegte sie ihre Mutter bis zu deren Tod. Beworben hatte sie sich weiterhin, überall, aber ohne Erfolg. Ein im vergangenen Oktober gestartetes Modellprojekt der Arge Rhein-Kreis Neuss kam ihr wie gerufen. Unter dem Titel "Neu-Start" sollen über 50-jährige Langzeitarbeitslose wieder in die Berufswelt finden.
Drei Bildungsträger übernahmen die Betreuung und Vermittlung der Freiwilligen. "Einzigartig dabei ist, dass durch die Trägerschaft der Berufshilfe der Arbeiterwohlfahrt, des Internationalen Bundes und des Technologiezentrums Glehn alle Berufssparten abgedeckt sind, von Pflege über kaufmännische Tätigkeiten bis hin zu Handwerk und Logistik", sagt Ingrid Jordt, Geschäftsführerin der Berufshilfe.
Für Margit Scholz hat sich der Versuch gelohnt: Sie hat als einer der ersten und ältesten Teilnehmer einen Arbeitsvertrag in der Tasche, Vollzeit und unbefristet. "Ich bin seitdem nicht mehr auf Beschäftigungszuschüsse oder Hilfe der Arge angewiesen", freut sich die Neusserin.
In der Pflege und Haushaltsführung älterer Menschen bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Neuss hat sie ihre neue Berufung gefunden: "Ich hätte nie gedacht, dass mir das so viel Spaß macht und ich so darin aufgehen würde."
39 der 71 Projektteilnehmer haben mittlerweile Arbeitsverträge unterschreiben können, zwei Drittel davon haben volle Stellen. Das Projekt hat sich durch seinen Zuschnitt auf die Über-50-Jährigen bewährt. In Einzel- und Gruppengesprächen wurden zunächst Kompetenzen und in einer intensiven Unterrichtsphase mit Dozenten und Beratern fehlende Qualifikationen individuell nachgeholt.
Auch Praktikumsbetriebe wurden zeitgleich akquiriert. Dann begannen Praktikum und berufsspezifische Weiterbildung. Bei einigen Teilnehmern zeigte sich, dass sie in ihrem ursprünglich gelernten Beruf nicht mehr mit der jungen Konkurrenz mithalten können, berichtet Ingrid Jordt.
Doch trotz des Erfolges und guter Vermittlungsquote: Zunächst droht dem "Neu-Start" das Aus. "Wegen einer Gesetzesänderung kann das Projekt nach dem Auslaufen nicht weiter von uns gefördert werden", bedauert Hans-Theo Vander, Teamleiter bei der Arge.
Eine erneute Gesetzesänderung, die möglicherweise helfen könnte, steht frühestens im Januar auf dem Plan der Bundesregierung. Weil aber das Projekt ein halbes Jahr Vorlauf braucht, sei man bei der Arge bereits jetzt dabei, andere Möglichkeiten zu finden, die Langzeitarbeitslosen über 50 nach dem bewährten Konzept zu unterstützen, verspricht Vander. Eine Möglichkeit könnte sein, sie mit einem Arbeitsvertrag beim Träger auszustatten und weiterzubilden. "Wir hoffen, dass wir bis 2009 eine Lösung gefunden haben, das Neustart-Projekt fortzusetzen", sagt Vander.