Neuss: Halloween statt Luther? Erinnern an die Reformation

Der US-Import am Reformationstag, am Abend vor Allerheiligen, stößt auf große Skepsis.

Neuss. Gruselpartys und Extremnachfrage nach Kürbissen, Schädelmasken, Blut-Accessoires, Spinnenweben-Dekoration: Halloween hat sich in atemberaubendem Tempo durchgesetzt. Nicht nur, aber auch in Neuss.

Halloween am Abend des 31.Oktober - war da nicht noch etwas anderes? Immer mehr, so scheint es, gerät der Reformationstag in Vergessenheit. Zunächst, seit er in den 90er Jahren als Feiertag in etlichen Bundesländern der Pflegeversicherung geopfert wurde, nun mit der wachsenden Anziehungskraft der Halloween-Feiern.

Ist der Reformationstag bedroht? Nicht nur dieser, alle christlichen Feiertage bedürften zunehmend der Erklärung, meint Hermann Gröhe, Neusser Bundespolitiker (CDU) und Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): "Fragen Sie an der Schule nach der Bedeutung von Pfingsten! Oder nach dem Unterschied von Karfreitag zu Ostersonntag." Gröhe spricht von einem Traditionsabbruch und fordert: "Wir brauchen eine religiöse Alphabetisierungsoffensive."

Auch Jörg Hübner, Pfarrer der evangelischen Christusgemeinde, wird deutlich: "Ja, Halloween bedrängt den Reformationstag." Bei Jugendlichen gebe es oft "nichtmals die Erinnerung", dass es neben dem Party-Tag noch diesen zentralen Gedenktag gebe.

Doch der Pfarrer schränkt ein. Auswirkung und Bedeutung der beginnenden Reformation hingen nicht an den Feiern eines Tages. "Sondern in dem Bewusstsein, dass es ein Leben aus der Gnade Gottes heraus gibt. Und das muss stärker vermittelt werden."

So auch Hermann Gröhe. Die Botschaft des Reformationstages sei und bleibe: ’Gottes Gnade ist geschenkt, sie muss nicht erarbeitet werden.’ "Das ist top-aktuell und trennt die Konfessionen nicht." Auch biete die Dekade vor dem großen Jubiläum im Jahr 2017 Gelegenheit, die Bedeutung des Gedenktages, der Reformation an sich zu erläutern.

Und Halloween? Gröhes Antwort fällt knapp aus: "In erster Linie ein werbestrategischer Animationsversuch." Der Protestant wendet sich gegen einzelne Versuche der Kirche, dieses importierte Fest "nachträglich zu okkupieren, es quasi zu taufen."

Auch Guido Assmann, Oberpfarrer der katholischen Gemeinde St.Quirin und Stadtdechant, stellt sich gegen "Versuche der Verchristlichung" der Spaß-Feiern am Vorabend von Allerheiligen: "Nichts gegen Feiern. Aber alles zu seiner Zeit. Und dies ist die Zeit des Trauerns."

Zurückdrehen aber, da ist auch dieser Kirchenmann ("Ich finde das störend und absolut überflüssig") sicher, lasse sich die Entwicklung nicht mehr. Den Reformationstag würdigt Pastor Assmann mit Respekt. Und die Bedeutung Martin Luthers ist für ihn klar: Die Übersetzung der Bibel ins Deutsche sei ein großer Verdienst in der Glaubensvermittlung.