Neusser Rennbahn: Abrissbirne schlägt zu
In zwei Wochen rücken die Bagger an. Das Gelände wird bereits leergeräumt.
Neuss. Eigentlich sollten sofort nach dem Schützenfest die ersten Bagger an der Rennbahn anrollen. Doch dann gab’s noch ein Musical im Globe, und erst in der vergangenen Woche nickten die Kommunalpolitiker die Vergabe der Abbrucharbeiten ab - immerhin auch schon ein Posten von 150.000 Euro. Jetzt aber ist unübersehbar, dass die alte Rennbahn Geschichte ist.
Während am Gebäude des Neusser Reiter- und Rennvereins ein Bagger die Außentreppe schon am Haken hat, steht nur wenige Meter entfernt NRRV-Geschäftsführer Bernd Koenemann im früheren Büro mangels Leiter auf einem wackligen Mülleimer.
Durchs Fenster fällt der Blick auf ein vorbei galoppierendes Pferd: Stimmt, der Trainingsbetrieb soll und muss schließlich weitergehen, auch wenn die Rennsaison 2008/ 2009 längst abgesagt ist. Koenemann holt die letzten Relikte aus dem obersten Schrankregal: Rennberichte von 1913, 1914.
Die Jahresbücher, komplett seit dem Jahr 1903, werden wohl nicht im kleinen Übergangsbüro an der Floßhafenstraße landen, sondern wie viele andere Hinterlassenschaften aus 133 Vereinsjahren im langgestreckten Toto-Gebäude verstaut.
Das bleibt bekanntlich stehen: ebenso wie die alte Wetthalle und natürlich das Globe. Alles andere wird verschwinden. Tribüne, Rennbüro, Wetthalle, das Restaurant Da Capo.
Und das Wettbüro: Michael Siebers, der vor kurzem ein neues Büro am Meererhof eröffnet hat, steht hier inmitten von Trümmern. "Mir blutet schon das Herz", sagt der Mann, der hier 18 Jahre lang den Wettbetrieb organisiert hat, Seite an Seite mit der Annahmestelle des Rennvereins.
Jetzt liegt die Inneneinrichtung am Boden, Siebers klaubt noch einen Mehrfachsteckdose vom Boden. Kann man noch gebrauchen, murmelt er und sieht zu, wie ein Bauarbeiter im Wettbüro den Hammer schwingt.
Mit schwerem Gerät wird die Abbruchfirma am 7. November anrücken, bis Ende November sollen die Gebäude einschließlich der 1958/ 59 gebauten, auf 1000 Plätze angelegten Tribüne verschwunden sein.
Dann beginnen die Bauarbeiten für das neue Gebäude, das Renn- und Wettbüro und Gastronomie samt Außenterrasse aufnehmen soll.
Schließlich wird der Innenraum der Rennbahn umgestaltet; erschlossen für Sportler, Spaziergänger, Familien mit Kindern, die künftig dieses Areal nutzen sollen.
Der Zeitplan ist eng. "Schützenfest ist natürlich ein Muss", sagt Andreas Galland, Chef der federführenden Wirtschaftsförderung und im Vorstand der NRRV aktiv. Ob dann tatsächlich alles fertig ist, mag er nicht beschwören, aber "ansprechend" werde das Gelände bis Ende August auf jeden Fall sein.
Nächster Stichtag ist der 15. November 2009. Dann ist erster Renntag der Wintersaison, und der ist so auch beim Direktorium für Vollblutzucht und Rennen angemeldet. Ob das klappt? "Das unterschreibt heute keiner mehr", meint Andreas Galland.
Auf jeden Fall aber würden die traditionsreichen Rennen am 2. Weihnachtstag und Silvester stattfinden; Renntermine übrigens, die in dieser Saison ganz ausfallen. Bernd Koenemann ist optimistischer.
"Wir schaffen das auf jeden Fall bis zum 15.November." Dann wird auch klarer sein, wie intensiv die Rennbahn zu vermarkten ist - und ob der Rennsport am Hessentor tatsächlich Zukunft hat.