SPD wählt Direktkandidaten im Wahlkreis Neuss I SPD schickt Daniel Rinkert ins Rennen
Rhein-Kreis · Am Vorabend seines 37. Geburtstages organisierte die SPD einen Parteitag für Daniel Rinkert, der Züge einer Party hatte. Im Ergebnis wurde er zum Direktkandidaten im Wahlkreis Neuss I gewählt – und Ministerpräsidentin a. D. Hannelore Kraft war unter den ersten Gratulanten.
Die Grünen machten ihre Bundestagskandidatin eher beiläufig per Pressemitteilung bekannt, die FDP versuchte ihren Bewerber für das Direktmandat im Wahlkreis Neuss I unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu wählen, und die CDU näherte sich dieser Personalentscheidung mit einem langen Suchverfahren und einer Entscheidung per Stichwahl. Der SPD-Vorstand im Rhein-Kreis musste nicht suchen, weil er schon gefunden hatte. Er präsentierte am Dienstagabend den Bundestags-Nachrücker Daniel Rinkert als einzigen Bewerber und hatte einen prominenten Gast geladen, der das Ergebnis bereits vor der Abstimmung kommentierte. „Die beste Wahl“, urteilte die SPD-Landesvorsitzende Sarah Philipp.
So hatte die Wahlkreiskonferenz im Foyer des Landestheaters eher den Charakter einer Party am Vorabend von Rinkerts 37. Geburtstag. Es gab groovige Housemusik von Nate Sebsibe, ein Büffet, prominenten Überraschungsbesuch und zur Krönung ein eindeutiges Wahlergebnis: 89 von 96 Mitgliedern votierten für den amtierenden Abgeordneten, drei enthielten sich der Stimme. Und beim abschließenden Plausch mit Bierchen war die Frage Thema: „Woher, zum Kuckuck, kamen die vier Nein-Stimmen?“
Dass die Party denn doch ein Parteitag war, machte zunächst das Sitzungspräsidium mit Michael Ziege, Christina Borggräfe und Rosemarie Franken-Weyers deutlich. Sie beurkundeten am Ende nicht nur das Ergebnis, sondern führten Regie in einer gut choreografierten Veranstaltung mit Grevenbroichs Bürgermeister Klaus Krützen (für die Emotion) und der Landesvorsitzenden Sarah Philipp (für den politischen Input) am Rednerpult. Hannelore Kraft, ehemalige Ministerpräsidentin und Rinkerts erste Chefin im Landtag, sprach nicht. „Ich mache nur noch Gladbach“, sagt die Vize-Präsidentin des Bundesligisten Borussia, die nur zum Daumendrücken gekommen war.
Rinkert selbst sprach auch nicht. Er hatte es passender gefunden, sich von einem Radio-Journalisten interviewen zu lassen – und der ließ es ganz schön „menscheln“. So erfuhren die Zuhörer, dass sich Rinkert immer noch dem Dorffriseur seiner Kindheit anvertraut, dass er Klassen- und Schülersprecher war, dass er Lehrer werden wollte und dann doch bei der Juristerei landete, zum Morgenritual gerne die Nase in ein Buch steckt, es als Ehre empfindet, Abgeordneter sein zu dürfen und dass er gerne den Haustürwahlkampf auf sich nimmt.
Politische Positionsbestimmungen waren nicht Thema der Plauderei, sie wurden erst aus dem Publikum eingefordert. So erfuhren die Gäste doch, dass Rinkert das Immissionsschutzgesetz als Erfolg ansieht, die Schuldenbremse reformiert sehen möchte und dass mit ihm jemand aus der Region zur Wahl steht. Eine kleine Spitze gegen den CDU-Bewerber Carl-Philipp Sassenrath, der in Berlin lebt und arbeitet.
Krützen hatte laut Regie drei Minuten für die Begrüßung – und sprach 13. Er begrüßte die Spitzen von Diakonie und Caritas, Vertreter des DGB und von Betriebsräten großer Unternehmen im Kreis sowie den Abgeordneten aus dem Nachbarwahlkreis, um das Netzwerk hinter dem, so wörtlich, „lieben Daniel“ zu skizzieren. Und er temperierte den Saal etwas mit dem Hinweis auf zurückliegende Erfolge der SPD im Kreis an: „Wer hätte gedacht“, erinnerte Krützen – dass es mal vier SPD-geführte Rathäuser geben würde und man den Landratskandidaten in eine Stichwahl zwingt. Ein Mutmacher.
So war der Boden für Sarah Philipp bereitet, die laut Regie zehn Minuten Redezeit hatte, aber fast 20 Minuten sprach, um die Eckpunkte der SPD-Politik auf Bundesebene herauszuarbeiten und die Genossen an Rhein und Erft auf eine harte Auseinandersetzung im Wahlkampf und eine „Schicksalswahl“ einzuschwören. Auch sie hatte ein Präsent für das Beinahe-Geburtstagskind Rinkert dabei. Er soll, so will es der Vorstand der Niederrhein-SPD, gleich hinter Bundestagspräsidentin Bärbel Bas auf Platz zwei der Niederrheinliste stehen, wenn am 21. Dezember die Landesliste festgelegt wird.