Eine würdige Glocken-Heimkehr

Sprockhövels ältestes Kulturgut ist zurück in der Zwiebelturmkirche. Gemeinde und Geschichtsverein zogen an einem Strang.

Ober-/ Niedersprockhövel. Glockengeläut kündet um kurz nach 11Uhr am Samstag von einer ganz besonderen Ankunft. Vor der Zwiebelturmkirche und an der Hauptstraße warten gut 200 Schaulustige auf das gute Stück, das da per Trecker und Wagen angeliefert wird. Applaus brandet auf, als Landwirt Hans Klever die etwa einen Meter hohe Bronzeglocke schließlich per Stabler vor dem Kirchportal absetzt. "Wahnsinn, die ist 500 Jahre alt", tuscheln viele ehrfürchtig.

Die Glocke "Romanus" ist heimgekehrt. Zum zweiten Mal in ihrem langen Glockenleben, nachdem bereits im Zweiten Weltkrieg ihr letztes Stündchen geschlagen zu haben schien (siehe Kasten). Jetzt ist es die Heimkehr aus der ehemaligen Kirche in Obersprockhövel, wo am frühen Morgen die beeindruckende Aktion begonnen hatte.

Ab 9Uhr hoben Mitarbeiter der Spezialfirma Diegner & Schade die Glocke Romanus und ihre zwei jüngeren Schwestern per Autokran aus dem Turm, des im vergangenen Jahr verkauften Gotteshauses. Die Kirchbaumeisterin der Gemeinde, Renate Erner, und Ulrich Sdroyek vom Heimat- und Geschichtsverein strahlen mit der Sonne um die Wette, ob des perfekt organisierten und inszenierten Ereignisses.

Schon in Obersprockhövel lassen es sich viele Neugierige nicht nehmen, den Auftakt des mehraktige Schauspiels zu verfolgenen. Nachbarin Claudia Meier hat ihre Kinder Robin (6) und Till (7) mitgebracht.

Mitglieder der Gemeinde Lübz, für die eine der drei Glocken bestimmt ist, sind die 550 Kilometer aus dem als Brauereistandort bekannten Örtchen in Mecklenburg-Vorpommern sind gekommen, um ihre Neuerwerbung abzuholen. Mitglieder des Heimat- und Geschichtsvereins scharen sich um die Glocke Romanus, die in ihrer Inschrift jetzt preisgibt, dass sie 1527 und wie es hieß 1528 gegossen wurde.

Mit seiner Sammlung um Spenden für den Glockentransport hat der Verein ein tolles Gespür bewiesen. Ein besonderes Dankeschön gilt dem Wuppertaler Speditionsunternehmer Martin Strelow (I.L.S.), der 3.000 Euro zu Verfügung stellte. Insgesamt sind bisher 4.500 Euro zusammengekommen.

Damit können wir alles bestreiten, auch weil Landwirt Hans Klever uns geholfen hat", freut sich Ulrich Sdroyek. Mit seinem Verein will er nun noch dafür sorgen, dass für Romanus ein Eichengestell gezimmert wird. Erich Vent hat bereits ein kleines Modell gefertigt, das auf die Willkommensgäste in der Zwiebelturmkirche wartet. "Wir wollen die Glocke künftig auch zu besondern Anlässen im Gottesdienst einsetzen, verkündet Pfarrerin Rosemarie Samtmann.

Der letzte Glocken-Akt steigt schließlich gegen Mittag vor dem Gemeindehaus am Perthes Ring, wo die dritte Glocke ihren endgültigen Standplatz finden soll. Auch dort erwarten mehr als 200 Gäste den Transport - eine Art Volksfest.

"Mit einer solchen Resonanz hätte ich nie gerechnet", freuen sich Rosemarie Samtmann und ihre Pfarrerkollegen. Auch hier ist es eine Art Heimkehr, denn im Gemeindehaus werden regelmäßig die besonders von Familien gut besuchten Mittendrin- und Volldran-Gottesdienste gefeiert, die in Obersprockhövel ihren Ursprung hatten.