Wohnen im Haus Gottes

Baustelle: Seit mehr als einem halben Jahr verwandelt Familie Lüning die ehemalige Kirche in ein großes Wohnhaus

Obersprockhövel. Die Glocken wurden wie berichtet am Samstag ausgebaut. Dass sie in einer ehemaligen Kirche wohnen, daran werden Marion und Guido Lüning durch den weit sichtbaren Turm und die äußere Form ihres neuen Heims auch künftig erinnert werden. Im Innenraum dagegen ist die ehemalige Nutzung nur noch zu ahnen, nachdem die Umbauarbeiten seit einem guten halben Jahr laufen.

"Wir haben das ja nicht gekauft, weil es eine Kirche war, sondern weil uns das Leben im Grünen reizt und die Aussicht, mehrere abgeteilte Wohneinheiten, eventuell auch für unsere Kinder schaffen zu können”, sagt Guido Lüning. Und obwohl derzeit noch alles an Baustelle erinnert, ergänzt Marion: "Ich habe hier noch keinen Tag bereut.”

Der 49-jährige Verwaltungsbeamte und seine Frau wohnen mit Tochter (20) und Sohn (17) seit gut einem Jahr beengt auf 85 Quadratmetern in der ehemaligen Küsterwohnung, hoffen aber, spätestens im Frühjahr nebenan im ehemaligen Kirchenschiff einziehen zu können.

"Wir haben uns erst einmal auf eine Wohnung konzentriert, nachdem die Baugenehmigung durch die Stadt erteilt wurde, sonst wäre das gar nicht zu machen”, erklärt Guido Lüning. Viel hat sich seitdem getan. Der fast 200 Quadratmeter große Gottesdienstraum ist halbiert, im ehemaligen Altarraum wollen sich die Lünings künftig einrichten. Unten großer Wohn- und Essbereich, oben Schlafzimmer, dazu eine großzügige Galerie.

Eine Zwischendecke lässt nur noch zum Teil die ehemalige Raumhöhe erahnen. Was blieb, sind die Klinkerwände an der Stirnseite und die beiden kunstvollen Steinbänder in der Wand - Jakobsleitern, die laut Bibel den Auf- und Abstieg zwischen Himmel und Ende signalisieren, wie ihn Jakob einst im Traum sah. Traumhaft fanden das die Lünings zunächst gar nicht, da die Steinbänder die räumlichen Gestaltungsmöglichkeiten einschränken, sind aber jetzt froh, dass die Gemeinde sie doch nicht wie geplant, ausgebaut hat. Der Aufwand wäre einfach zu groß gewesen. 200 Kilo wiegt ein einziger Block.

Eingeschränkt waren die Lünings auch durch die Vorgabe der Stadt, die enge Rippenstruktur der Fenster zu erhalten. Sage und schreibe 30 schmale Thermofenster haben sie allein für ihren Wohnraum einbauen müssen - jeweils drei übereinander. "Man muss ja auch an die Energiekosten denken", sagt Guido Lüning, der ansonsten mit der Bausubstanz sehr zufrieden ist. "Die haben das vor 50 Jahren schon gut gebaut”, sagt er.

Dass sie wohl noch länger auf einer Baustelle leben werden, schreckt Marion und Guido Lüning nicht. Erst nach und nach soll noch nebenan eine weitere Wohnung entstehen, die von der Empore aus durch das Giebelfenster einen reizvollen Blick nach draußen gewährt, später im Untergeschoss noch eine kleinere, barrierefreie. "Eltern und Freunde sagen manchmal, was habt Ihr Euch da angetan, aber wir mögen es”, so die Erzieherin, die derzeit nicht berufstätig ist und genug zu tun hat, Handwerker zu koordinieren. In einer ehemaligen Kirche zu wohnen, ist schließlich etwas Besonderes.