Abwrackprämie: Ein System, das zum Missbrauch einlädt

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. 1989, als nach dem Fall der Mauer Bürger der DDR im Westen 100 Mark Begrüßungsgeld erhielten, gab es zwar auch ganz Schlaue. Die kassierten erst in Westberlin und knatterten dann schnell nach Hof, um sich einen weiteren Hunderter abzuholen.

Aber dieses Loch war schnell gestopft.

Anders der Betrug bei der Abwrackprämie. Der Bund der Kriminalbeamten hatte bereits im Frühjahr 2009 gewarnt, hunderte Altwagen würden erst mit 2500 Euro prämiert und dann illegal weiterverkauft. Das Verfahren lade geradezu ein zum Missbrauch. Inzwischen haben wir Sommer, die Kriminalbeamten sprechen bereits von 50000 Betrugsfällen, und die Deutsche Umwelthilfe rechnet sogar mit 100000 Doppel-Verdienern. "Dem wird man nachgehen müssen", sagt nun auch der zuständige Finanzminister Steinbrück.

Dabei sind die Löcher, die zu stopfen sind, bekannt und die Schwachstellen im System ebenso. Bereits im Januar führte das ARD-Magazin "Monitor" vor, wie man Autos zum Schein verschrottet, an die Umweltprämie kommt, aber Kfz-Brief und -Schein behält, ohne dass sie entwertet werden. Kriminelle können wählen, ob sie den Oldie über die Ostgrenze nach Polen oder via Hamburg nach Afrika verschieben. Oder erneut in Deutschland zulassen - im Zeitalter des Computers gibt es bei deutschen Behörden offenbar keine Verzahnung von Abmeldung, Abwrack-Nachweis und Neuanmeldung von Kraftfahrzeugen.

Alles mit der heißen Nadel gestrickt - so, wie die gesamte Aktion unter dem inzwischen in Vergessenheit geratenen Stichwort "Umweltprämie". Im kommenden Jahr, wenn sich die wirtschaftliche Lage beruhigt hat und der Wahlkampf hinter uns liegt, wird sich zeigen, welche Spätfolgen die 5-Milliarden-Spritze für die Autobranche hat.

Es werden weniger Neuwagen gekauft, der Gebrauchtwagenmarkt ernährt seinen Mann nicht mehr, Werkstätten kämpfen ums Überleben, und die Schrottplätze sind übervoll. Aber in Afrika und Osteuropa wird die Luft von tausenden Spritfressern verpestet, die wir längst zu Schredder-Schrott verarbeitet wähnten. Wir sind gespannt, ob vor dem Wahltag noch bekannt wird, was bei der Nachgeh-Aktion des Finanzministeriums herausgekommen ist.