Ulla Schmidts Geisterfahrt war töricht
Der Privatgebrauch von Dienstwagen mag formal korrekt sein.
Ulla Schmidt hätte es eigentlich wissen müssen, dass der Dienstwagen in Deutschland schon traditionell zur Affäre neigt. Erinnert sei nur an die Namen Süssmuth, Bangemann oder Clement. Nicht jedes Mal endeten diese Fahrten mit Verlust von Amt und Wagen, der Verlust an Ansehen und Respekt aber traf alle. Und doch glaubten jedes Mal alle bis zum Beweis des Gegenteils, sich auf der sicheren Seite zu befinden - man habe schließlich "im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen" gehandelt.
Das mag auch im Fall Schmidt formal so sein. Denn im Prinzip sollte gegen eine auch private Nutzung des Dienstwagens nichts einzuwenden sein, zumal Dienstliches und Privates nicht immer klar zu trennen sind. Ob das aber rechtfertigt, die gepanzerte Dienstlimousine mit Chauffeur samt dessen 15-jährigem Sohn auf eine 5000 Kilometer lange Reise zu schicken, darf bezweifelt werden.
Und die beiden "dienstlichen Termine" der Ministerin in Spanien sind tatsächlich ja nur groteske Alibi-Veranstaltungen: Der Besuch beim Bürgermeister des Kleinstädtchens Denia, bisher nur bekannt als Zufluchtsort vieler NS-Verbrecher, mag wohl für den Weltfrieden unverzichtbar sein, erfordert aber ebenso wenig den S-Klasse-Mercedes wie das Wachbataillon. Und ein Vortrag vor einigen Deutschen im benachbarten 6000-Seelen-Dorf Els Poblets wäre wohl auch mit dem Taxi zu bewältigen.
Dass es tatsächlich auch so geht, ohne dass der Staat Schaden nimmt, beweisen andere Kabinettsmitglieder. Aber Ulla Schmidt fühlt sich wohl schon in einer belagerten Wagenburg, bei deren Verteidigung eh alles wurscht ist. Ihr trotziges: "Das steht mir zu!" bestätigt ja geradezu das realitätsferne Feindbild, das ihre Gegner seit Jahren von ihr zeichnen.
Denn auf Nachsicht darf diese Frau nicht hoffen: Wer die Praxisgebühr erfunden und sich mit Kassen, Ärzten, Patienten und Pharmaindustrie zugleich angelegt hat, darf nicht überrascht sein, wenn ihm nun diese Gegner die eigene Dummheit um die Ohren schlagen.
Rücktrittsrufe aber sind zwei Monate vor der Wahl überflüssig. Zu solcher Empörung fehlt uns angesichts der wirklichen Probleme auch schon fast die Kraft. Aber den Kopf schütteln und uns wundern darüber, dass so etwas tatsächlich möglich ist, das dürfen wir wohl schon.