Justizpannen: Die Zeit für die Ministerin ist reif
Düsseldorf. Es ist nicht zu fassen: Die Staatsanwaltschaft in Mönchengladbach - also die zentrale staatliche Strafverfolgungsbehörde in dieser Region - ist offenkundig so schlampig organisiert, dass wiederholt Kinderschänder auf freien Fuß kommen, weil Akten verlegt wurden und dadurch Fristen verstrichen.
Das ist ein Justizskandal, der vor allen Dingen zwei ganz konkrete Opfer hat: Jene zwei Mädchen, die durch den vermeintlichen Fußballtrainer und tatsächlichen Sextäter missbraucht wurden. Ihnen wäre ihr Martyrium vielleicht erspart geblieben, wenn die Strafverfolgungsbehörde handlungsfähig gewesen wäre. War sie aber nicht. Und deshalb müssen diese Vorgänge endlich Konsequenzen haben.
Da reicht es nicht, einen Leitenden Oberstaatsanwalt für drei Monate auf einen anderen Posten zu versetzen. Natürlich ist klar: Dieser Vorgesetzte hat offenkundig seinen Job nicht beherrscht.
Und es reicht schon gar nicht aus, die Verantwortung bei einer Angestellten in der Geschäftsstelle abzuladen. Das sind Rädchen in einem Getriebe, das von oben gesteuert wird.
Die Verantwortung liegt nun einmal bei Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Zum wiederholten Male sickern häppchenweise Informationen über die Missstände in ihrem Zuständigkeitsbereich durch.
Ihre Versicherung, es gebe lediglich vier Fälle von Versäumnissen, hatte gerade einmal eine Haltbarkeitsdauer von zwei Wochen. Jetzt sind sechs weitere dazu gekommen. Es bleibt festzustellen: Diese Ministerin hat ihre Justiz nicht im Griff.
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wird ungeachtet oder gerade wegen der harschen politischen, aber auch massiven fachlichen Kritik an der ehemaligen Richterin auf dem Ministersessel festhalten wollen.
Da kann sich selbst der nordrhein-westfälische Richterbund gegen seine ehemalige Landesvorsitzende Müller-Piepenkötter wenden und ihr große Fehler in der Personalplanung vorwerfen - Rüttgers will sie nicht entlassen.
Denn in NRW wird bald gewählt, da will der Ministerpräsident keine Fehler zugeben. Verkehrte Politikerwelt: Eine überforderte Ministerin im Amt zu halten, gilt als Stärke. Den betroffenen Opfern muss dies als blanker Hohn erscheinen. Stärke heißt auch, Schwächen zu erkennen.