Atomwaffenfreie Welt: Obamas idealistische Realpolitik
Ob eine Welt ohne Atomwaffen noch möglich ist, darüber ließe sich ausgiebig streiten. Es wird sie schlicht niemals mehr geben. Nachdem dieser Geist einmal aus der Flasche entwichen ist, wird ihn kein Mensch dort wieder hinein bekommen.
Das weiß auch Barack Obama. Gleichwohl ist es es ein kluger Schachzug des amerikanischen Präsidenten, seine Initiative zur Eindämmung der nuklearen Bedrohung mit dem Traum einer atomwaffenfreien Welt zu unterlegen.
Nüchtern betrachtet ist Obamas Idealismus nach der kriegerischen Präsidentschaft George W. Bushs eine Voraussetzung für eine erfolgreiche globale Realpolitik geworden. Wer von der atomwaffenfreien Welt träumt, muss es wohl mit der Absicht ernst meinen, gemeinsam mit Russland die nuklearen Arsenale drastisch zu reduzieren. Ein Ziel, dass vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und des verstärkten weltweiten Engagement der konventionellen US-Streitkräfte schon monetär bedingt ist.
Und nur wer von einer atomwaffenfreien Welt träumt, hat möglicherweise eine Chance, die neuartigen Gefahren atomarer Bedrohung zu bannen. So gefährlich nah die Welt im Kalten Krieg zuweilen am Rand ihrer weitgehenden Zerstörung stand, so groß ist das Risiko des regionalen Einsatzes von Atomwaffen heute: durch halbstarke Schurkenstaaten wie Nordkorea oder durch Terroristen, die sich etwa im instabilen Pakistan oder im korrupten Russland einer schmutzigen Atombombe bemächtigen könnten.
Auf diese beiden allzu realen Gefahren zielt Obamas Initiative vor allem. Der erste Schritt könnte das weltweite Verbot von Atomwaffentests sein. Die Bereitschaft des amerikanischen Präsidenten, diesen Uno-Vertrag endlich zu ratifizieren, ist die eigentliche Sensation seiner gestrigen Rede - auch wenn damit noch lange nicht China, Indien, Pakistan, Israel, Iran und Nordkorea gewonnen sind.
Entscheidend wird aber sein, ob es Obama gelingen wird, ein effektives internationales Kontrollsystem zu installieren, das die Verteilung nuklearen Brennstoffs lückenlos überwachen könnte. Das Problem: Wenn sich die USA, Russland oder auch China bei dieser Initiative Sonderrechte zugestehen lassen wollten, wäre sie schon vom Beginn an zum Scheitern verurteilt.