Meinung Bildungspolitik endlich bundespolitisch denken
Kommt eine Studie, kommt auch der Generalsekretär. Das ist eine verlässliche Weisheit. Dieses Mal spricht Josef Hovenjürgen, Generalsekretär der NRW-CDU, angesichts der Ergebnisse für NRW bei der IQB-Bildungsstudie von einer „schallenden Ohrfeige für rot-grüne Bildungspolitik“.
Dabei beweist der Mann mit diesem bekannten politischen Reflex eigentlich nur, wie wenig sinnvoll es noch ist, die Bildungspolitik den Ländern zu überlassen — mit 16 unterschiedlichen Konzepten, von Land zu Land, von Regierungskoalition zu Regierungskoalition. Immer neu, immer anders.
Einer der Grundgedanken des Föderalismus, dass durch den Vergleich der Länder deren jeweilige Leistung optimiert werde, ist auf dem Feld der Bildungspolitik eher Trugschluss denn wahr: Der ständige Vergleich und die so überhitzte Diskussion um Schule in jedem einzelnen Land dieser Republik sorgen nämlich dafür, dass wenig grundsätzlich gedacht wird, aber mit zum Teil aktionistischer Betriebsamkeit eine Reparaturmaßnahme nach der anderen folgt. Immer vor dem Hintergrund einer nächsten Wahl, die wieder einer neuen Regierung ins Amt verhilft, die wieder alles anders machen wird — und dabei alles (besser) weiß. Am Schluss heißt das auch: Der ständige Vergleich der Schulleistungen in den Ländern mit unzähligen Studien ist zugleich auch einer der Gründe für die schlechten Leistungen selbst.
In Sachen Schulpolitik ist Deutschland nicht nur ein unattraktiver Flickenteppich. Viele Länder sind auch heillos überfordert mit einer durchdachten und angemessen finanzierten Schulpolitik. Es muss endlich die Debatte her, wie Bildungspolitik über Bundespolitik einheitlich und nach vorne gedacht konzipiert und finanziert werden kann. Die Aufgabe von Schule in einer völlig neuen digitalen Welt wird sich in einer Art und Weise verändern, die das Herumwurschteln vor den 16 Haustüren der Republik ein Akt der Lächerlichkeit sein lässt. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat auf eine gestern veröffentlichte Studie über Leistungen von 30 000 Viertklässlern aus ganz Deutschland (also waren nur rund 1800 Schüler aus NRW beteiligt) in Mathe und Deutsch einen Masterplan für die Grundschule vorgelegt. Freilich mit überlegenswerten Ansätzen. Aber eben auch ein weiterer Eingriff in den stark durch Aktionismus geprägten Lebensraum des Schülers.