Meinung Griechenlands Schuldenkrise: Merkel kontra Lagarde
Probleme lösen sich nicht, indem sie ignoriert werden. Seit Monaten halten Terroranschläge und Flüchtlingskrise die Welt in Atem. Dass Griechenland vor dem Staatsbankrott steht, ist darüber in Vergessenheit geraten.
Dabei hat sich an den Fakten nichts geändert. Nur mit immer neuen Hilfspaketen internationaler Kreditgeber ist Athen in der Lage, laufende Ausgaben zu bezahlen. Angela Merkel hat durchgesetzt, dass es frisches Geld immer nur gegen harte Spar- und Reformauflagen gibt.
Der deutschen Kanzlerin war es sehr wichtig, den Internationalen Währungsfonds (IWF) dabei im Boot zu haben. Nur so konnte sie die Widerständler in den eigenen Reihen in Schach halten. Dass es dabei bleibt, ist inzwischen aber zweifelhaft. Denn Merkel und die mächtige IWF-Chefin Christine Lagarde beurteilen die Lage in Griechenland durchaus unterschiedlich. Merkel ist davon überzeugt, dass sich Athens Probleme nur durch einen harten Sparkurs in Kombination mit Strukturreformen primär auf dem Arbeitsmarkt lösen lassen.
Lagarde sieht das anders. Sie fürchtet, dass die Einkommen der breiten Masse der Bevölkerung durch Lohnkürzungen und hohe Arbeitslosigkeit massiv sinken. Als Folge schrumpft die Wirtschaftsleistung, eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bleibt unerreichbar. Lagarde fordert deshalb mit Recht einen milderen Sparkurs, Merkel lehnt das ab.
Dieser Konflikt läuft auf eine logische Konsequenz hinaus: Bleibt der Kurs gegenüber Griechenland unverändert, werden die Staatsschulden untragbar und ein Schuldenschnitt ist zwingend. Der IWF darf dann laut eigener Satzung keine weiteren Mittel an Griechenland überweisen und muss aus dem Kreis der internationalen Geldgeber ausscheiden. Das setzt Merkel unter Druck. Sie hat einen Schuldenschnitt immer ausgeschlossen. Und sie will den IWF nicht verlieren. Und sie hält die harten Sparauflagen für absolut unverzichtbar. Alles zusammen geht aber nicht.