Meinung Impfurteil - Ausgangspunkt für noch mehr Aufklärung
Selbst erbitterte Impfgegner können nicht behaupten, der Bundesgerichtshof nehme sie nicht ernst. Denn das höchste Zivilgericht hat geurteilt: Bei getrennt lebenden Paaren ist die Entscheidung, ob das gemeinsame Kind geimpft werden soll, eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung.
Dabei erwähnen die Richter eben nicht nur das durch eine Impfung vermeidbare Infektionsrisiko. Ausdrücklich sprechen sie auch das Risiko einer möglichen Impfschädigung an. Also die Gefahr einer Schädigung durch die Impfung selbst.
Dass es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt, hat juristisch indes diese Konsequenz: Auch getrennt lebende Eltern müssen sich in solchen Angelegenheiten zusammenraufen, sie müssen eine gemeinsame Entscheidung treffen. Schaffen sie das nicht, kann ein Gericht einer der beiden Seiten die ausschlaggebende Stimme zusprechen. Wenn die Richter dabei in diesem Fall dem die Impfung befürwortenden Vater das Letztentscheidungsrecht zusprechen, so heißt das nicht, dass sie sich medizinischen Sachverstand anmaßen. Sie stützen sich zu Recht auf die Expertise der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut und deren Ja zum deutlich überwiegenden Nutzen der Impfungen.
Das Urteil hilft freilich solchen Kindern nicht weiter, deren Eltern sich (egal, ob in intakter oder nicht intakter Beziehung) in ihrer Ablehnung von Impfungen einig sind. Eltern, die durch ihr Nein ihrem Kind den Impfschutz gegen vermeidbare Krankheiten verweigern. Und damit nicht nur ihr Kind einer höheren Gefährdung aussetzen. Die Entscheidung birgt nämlich auch ein Risiko für Dritte. Das nicht geimpfte Kind, das sich ansteckt, gibt die Krankheit weiter. An Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
Doch auch vor diesem Hintergrund wird sich ein Impfzwang, ein staatlich verordneter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, kaum durchsetzen lassen. Nicht einmal die schon früher von Kinder- und Jugendärzten gestartete Initiative, den Besuch einer staatlichen Kita oder Schule von einer zuvor nachgewiesenen Impfung abhängig zu machen, schaffte es ins Gesetzblatt. Umso wichtiger ist Überzeugungsarbeit. Dazu gehört, den Gefahren ins Auge zu sehen. Der aktuelle Todesfall einer an Masern erkrankten Frau dürfte hier aufschrecken. Und auch, dass in NRW allein in diesem Jahr schon 341 Fälle der hochansteckenden Masern gemeldet wurden.