Kein Parteiverbot mit der heißen Nadel!

Debatte um die Konsequenzen aus dem Attentat von Passau.

Zorn, Empörung, Betroffenheit sind schlechte Ratgeber, wenn es um eine folgenschwere Entscheidung geht wie den Antrag eines Parteiverbots. Bis auf ein paar Wirrköpfe wird jeder im Lande zustimmen, dass der Anschlag auf den Polizeidirektor von Passau ein abscheuliches Verbrechen darstellt.

Daraus aber mit der heißen Nadel die rechtsextreme NPD zu verbieten, wäre ein fataler Fehler. Das ist 2003 schon einmal gescheitert. Wenn Passau ein Mordversuch war, droht dem Messerstecher ohnehin eine Haftstrafe bis hin zu lebenslang. Um ihn aber vor Gericht stellen zu können, muss man ihn erst einmal dingfest gemacht haben.

Das berufliche Engagement des Polizeibeamten und die Parole des Attentäters vom "nationalen Widerstand" sind Indizien, dass es sich um einen Verbrecher aus der regionalen Neonazi-Szene handelt. Genaueres weiß man aber - noch - nicht. Nicht, ob er ein Einzeltäter ist, ob er aus einer gewaltbereiten Gruppe kommt oder einer einschlägig verdächtigen "Partei" zuzuordnen ist. Auch ein bestehendes NPD-Verbot hätte einen Wahnsinnigen wie den von Fürstenzell nicht aufgehalten.

Der Hergang des Überfalls vom vergangenen Wochenende erinnert in seiner Hinterhältigkeit an die Ermordung des Dresdner-Bank-Vorstandes Jürgen Ponto im Juli 1977 durch Mitglieder der RAF. Die Parallele zeigt: Es gibt keinen Unterschied, ob der politisch motivierte Terror aus der linken oder aus der rechten Ecke kommt.

Aber die Erfahrungen aus dem "deutschen Herbst" haben uns auch gelehrt, dass von extremistischem Gedankengut gesteuerte Gewalttäter nicht zur Einsicht gelangen, wenn sie von der Bildfläche in den Untergrund gedrängt werden. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Passau scheint ein sehr ernst zu nehmender Hinweis zu sein, dass am extrem rechten Rand unserer Gesellschaft eine brisante Subkultur entstanden ist, die wir mit einer Portion Blauäugigkeit nicht so recht zur Kenntnis genommen haben. Damit muss sich nun die Politik auseinandersetzen, in aller Sachlichkeit und Sorgfalt.

Wenn am Ende ein handwerklich einwandfreies Verbot von verfassungsfeindlichen Parteien herauskommt, so werden alle Demokraten damit leben können. Und die Karlsruher Verfassungsrichter auch.