Meinung Ohne Abgeltungssteuer geht es gerechter zu
Peer Steinbrück lag 2009 richtig, als er die Abgeltungssteuer durchsetzte. Er habe lieber 25 Prozent von X als 42 von nix, sagte der damalige Bundesfinanzminister.
Tatsächlich war es damals so, dass etliche Unternehmer und Privatleute die Erträge aus ihrem Vermögen am Fiskus vorbei in die Tasche steckten. Die neue Steuer erschwert diesen Betrug deutlich, weil sie direkt an der Quelle greift. Zinsen auf Festgelder, Dividenden oder Gewinne aus Aktienverkäufen werden seitdem pauschal mit 25 Prozent belegt. Das Geld fließt anonym direkt an die Finanzbehörden. Sparer und Anleger müssen diese Einnahmen nicht mehr angeben. Die Steuerschuld ist abgegolten.
Nur: Die Abgeltungssteuer war immer ungerecht. Während Löhne und Gehälter mit bis zu 42 Prozent (ab 250 000 Euro sogar mit 45 Prozent) besteuert werden, bleibt es bei Kapitaleinkünften immer bei 25 Prozent — auch dann, wenn es um Millionen geht. Bei Arbeitseinkommen langt der Staat also richtig hin, bei den Einkünften aus Vermögen hält er sich zurück.
Damit verstößt die Abgeltungssteuer gegen die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung aller Einkunftsarten. Dass die große Koalition Erträge aus Kapitalanlagen wieder mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belasten will, ist also richtig und gerecht. Für viele Betroffene bedeutet das aber faktisch eine Steuererhöhung, denn der Einkommensteuersatz liegt in den meisten Fällen deutlich höher als 25 Prozent.
Da die große Koalition für diese Legislaturperiode Steuererhöhungen ausgeschlossen hat, wird es Änderungen nicht vor 2017 geben. Bis dahin dürfen Gutbetuchte mit hohen Kapitalerträgen das Privileg der 25-Prozent-Steuer genießen. Dabei könnte es auch flotter gehen. Denn ab 2017 informieren sich fast alle Industrie- und Schwellenländer automatisch über Konten und Depots ausländischer Sparer. Deutschland wird für die Jahre ab 2016 Informationen über ausländische Konten von deutschen Steuerzahlern erhalten.
Mit den Schlupflöchern ist es dann weitgehend vorbei. Die mangelhafte Erfassung von Kapitaleinkünften war einmal. Damit gibt es den Hauptgrund für die Einführung der Abgeltungssteuer ab 2016 nicht mehr. Die Gerechtigkeitslücke könnte also schon im nächsten Jahr geschlossen werden. Aber über diesen Schatten wird die Merkel-Regierung wohl nicht springen.