Meinung Rente - Mehr Mut zur Wahrheit
Dem Land steht zweifellos ein heißer Renten-Herbst ins Haus. Mit ihren Ankündigungen, die Berechnung der Altersbezüge in Ost und West zu vereinheitlichen, die betriebliche Altersversorgung neu zu regeln und womöglich auch noch einmal ganz fundamental über das geltende Rentensystem nachzudenken, hat die Bundesregierung große Erwartungen geweckt.
Bei den Gewerkschaften — allen voran Verdi-Chef Frank Bsirske — will man die kämpferische Begleitmusik dazu liefern. Ebenfalls nach der Sommerpause soll eine groß angelegte Kampagne für einen Kurswechsel bei der Rente starten. Das Zauberwort heißt höheres Rentenniveau.
Dabei ist das Thema viel zu komplex, um es in einfache Botschaften zu pressen. Gerade deshalb lassen sich damit ja auch so viele Emotionen und Ängste schüren wie auf kaum einem anderen politischen Feld.
Ein paar einfache Wahrheiten bleiben allerdings doch: Wer glaubt, allen Menschen eine auskömmliche gesetzliche Rente versprechen zu können, der hat schlicht vergessen, dass sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Beschäftigten und Ruheständlern zunehmend ungünstiger entwickelt.
Selbst wenn ab sofort wieder deutlich mehr Kinder in Deutschland auf die Welt kämen, es würde nichts daran ändern, dass der Generation der so genannten Babyboomer, die ab dem Jahr 2020 verstärkt in Rente geht, vergleichsweise wenige Beitragszahler gegenüber stehen.
Vor diesem Hintergrund gibt es nur drei Möglichkeiten: ein sinkendes Rentenniveau wie nach geltendem Recht, ein noch höheres Renteneintrittsalter, oder akut steigende Beiträge. Alle drei Varianten sind unpopulär. Wenn die Gewerkschaften also demnächst eine schöne neue Rentenwelt kreieren, dann sollten sie auch klar sagen, welche Belastungen dafür ganz konkret auf die Arbeitnehmer zukämen. Schließlich handelt es sich um ihre ureigene Klientel.