Meinung Wer Medaillen will, muss Sportförderung gut finden

Markus Deibler betreibt eine Eisdiele in St. Pauli. Im Alter von 24 Jahren hat der Profi-Schwimmer seine Karriere 2014 beendet. Einfach so, neun Tage nach einer Weltrekordzeit. Jeden Tag um sechs Uhr aufstehen und sechs Stunden trainieren, hat er gesagt, das hat ihn nicht mehr gereizt.

Foto: Sergej Lepke

Auch, weil nicht all zu viel dabei herausspringt.

„In einem Land, in dem ein Olympiasieger 20 000 Euro Prämie bekommt und ein Dschungelkönig 150 000 Euro, sollte sich niemand über fehlende Medaillen wundern,“ schrieb der kleine Bruder von Olympia-Starter Steffen Deibler gestern bei Facebook. Und startete damit eine Debatte, die den Nerv trifft. Weil die heftige Kritik an den Schwimmern nur stellvertretend für alle steht, denen der große Wurf in Rio nicht gelingen mag. Eine ungesund verdichtete Kritik auf einen Wettbewerb hin ist das, alle vier Jahre. Reißerisch und ungerecht.

Schwimmer zählen im Training endlos einsam Kacheln, verdienen abseits der Weltspitze nicht viel Geld und verschieben den Start ihrer beruflichen Karriere ins Nirgendwo. Wenn dann Olympia ruft, sind sie — ohne Medaillen — die Deppen der Nation. Wen Schwimmen nie interessiert hat, der regt sich alle vier Jahre einmal ordentlich auf, wenn kein einziger Deutscher Edelmetall aus dem Wasser fischt. Dabei ist das breite Desinteresse schon das Problem: ohne Aufmerksamkeit für einen Sport keine Förderung, ohne Förderung keine Aufmerksamkeit für den Sport. Weil dieses Interesse fast immer nur über Erfolg entsteht. Ein Kreislauf, der immer beklagt, aber nie durchbrochen wird. Für den Medaillenspiegel müssen diese Sportler herhalten, abliefern auf Termin. Womöglich sogar noch in einem aufgeputschten Umfeld von Dopern. Das ist oft absurd.

Der Bund tritt als Arbeitgeber für Sportler bei Bundeswehr, Bundespolizei oder Zoll auf. Viel Geld für eine sorgenfreie und langfristige Vorbereitung der hoffnungsvollsten Sportler steht aber nicht zur Verfügung. Leistungssportförderung muss man (sich leisten) wollen, viel Geld kann viel fördern. Als gutes Beispiel steht Großbritannien da, das 2012 vor den Spielen in London durch eine spezielle Sportlotterie Einnahmen generierte, sie zur Verfügung stellte und Gold in Vielzahl erntete.

Sicher: Man kann aus gutem Grund staatliche Sportförderung für nicht notwendig halten. Nicht funktioniert aber, sich dann dieser Tage über fehlende Medaillen zu beklagen.